Rede in Straßburg

VdB: “Jugend nicht die Zukunft in Europa stehlen”

Österreich
14.02.2017 12:50

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Dienstagmittag im EU-Parlament in Straßburg einen flammenden Appell an die Abgeordneten gerichtet: "Wir Älteren dürfen nicht zulassen, dass der Jugend die Zukunft in Europa gestohlen wird. Die europäische Idee ist groß!" Mit seiner Rede wolle er "allen proeuropäischen Kräften Mut machen", argumentierte der Bundespräsident.

Er selbst sei ein Beispiel dafür, dass es möglich sei, "mit einem glasklaren Bekenntnis zur EU Wahlen zu gewinnen". Um gleich eine Warnung vor aktuellen Tendenzen folgen zulassen: "Mit der Verletzung der Würde des Menschen, mit der Ablehnung gegenüber allem 'Fremden', der Einschränkung von Grundrechten und Grundfreiheiten, mit neuen Mauern und Nationalismen lösen wir kein einziges Problem." Nachsatz: "Bei den Alten und ganz Alten schießen Erinnerungen an die 30er-Jahre hoch."

(Bild: APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER)
(Bild: AFP)

Große Probleme nur "gemeinsam lösbar"
In der EU sei wieder eine Rhetorik des Ausschließens in Mode gekommen, warnte Van der Bellen. Eine Entscheidung zwischen der Liebe zum eigenen Land und zu Europa sowie der Entscheidung zwischen dem Eigennutz und dem Nutzen anderer Menschen sei ein in die Irre führendes "Entweder/Oder": "Wir können unser Heimatland lieben und die europäische Idee."

Der Tausch der "großen europäischen Gemeinschaft" gegen die "viel kleinere Macht der vermeintlichen nationalen Souveränität" sei ein schlechtes Geschäft. Alle großen Herausforderungen wie Flucht und Migration, Klimawandel und Energiepolitik, Arbeitslosigkeit und Armut, Krieg und Vertreibung, Gewalt und Terror oder die digitale Transformation seien nur "gemeinsam lösbar".

Alexander Van der Bellen und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani (Bild: AFP)
Alexander Van der Bellen und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani
Alexander Van der Bellen (Bild: AFP)
Alexander Van der Bellen

"Globale Konzerne in die Schranken weisen"
Die EU habe die Kraft, "globale Konzerne" in ihre Schranken zu weisen, mahnte Van der Bellen ein gemeinsames Vorgehen ein. Europa stehe aber knapp vor dem Punkt, "an dem der Affekt wichtiger wird als die Vernunft", so der Bundespräsident, der auch vor den Machtinteressen von Großmächten wie Wladimir Putins Russland oder den USA unter Präsident Donald Trump warnte, ohne diese freilich beim Namen zu nennen.

Für Van der Bellens Rede gab es viel Applaus, auf den Rängen saßen aber auch EU-skeptische Abgeordnete. Die Chefin des französischen Front National, Marine Le Pen, und der Brexit-Betreiber und langjährige Chef der britischen UKIP, Nigel Farage, glänzten durch Abwesenheit.

"Verbesserungspotenzial gibt es in der EU genügend"
Verbesserungspotenzial gebe es in der EU genügend, räumte der Bundespräsident ein, "denn unser Europa ist unvollständig und verletzlich". "Zwischen 28 Demokratien Zweifel und Zwietracht zu säen" sei leicht, allerdings stelle sich die Frage, welche der großen anstehenden Probleme Einzelstaaten in Europa besser lösen könnten, sagte Van der Bellen, der auch an seinen eigenen Migrationshintergrund ("Meine Mutter war Estin, mein Vater war kulturell Russe und ethnisch ein Westeuropäer") erinnerte: "Ich bin Österreicher und ein Kind Europas."

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