"Krone"-Interview

Peter Simonischek: “Ein weiter Weg bis zum Oscar”

Adabei
26.02.2017 06:00

Der Film "Toni Erdmann" rittert in der Nacht von Sonntag auf Montag um eine Gold-Statuette. Peter Simonischek, Titelheld der Tragikomödie, und seine Frau Brigitte Karner sprachen mit der "Krone" über Hollywood, ihre Ehe und über Langeweile.

Auf nationaler Ebene hat Peter Simonischek (70) alles erreicht: Er feierte triumphale Erfolge auf führenden Bühnen in Deutschland und in der Schweiz, ist Burgtheater-Schauspieler in Wien, begeisterte acht Saisonen lang als "Jedermann" in Salzburg, stand Dutzende Male vor der Kamera. Doch jetzt fügt ausgerechnet eine Filmrolle eine völlig neue Dimension hinzu. Die deutsch-österreichische Koproduktion "Toni Erdmann", in der er die kauzige Titelfigur darstellt, könnte den Oscar für den "Besten Europäischen Film" ergattern - schon jetzt glänzt er deshalb auch international im Rampenlicht.

Simonischek, der Vielgepriesene, bleibt trotzdem gänzlich allürenfrei, es steht ihm ja auch eine starke Frau zur Seite: Mit Brigitte Karner, ebenfalls Schauspielerin, die ob der Kinder Benedikt und Kaspar ihre Karriere zurückgesteckt hat, ist er seit 27 Jahren verheiratet.

"Krone": Haben Sie eine Dankesrede vorbereitet?
Simonischek: (lacht) Ich habe so viele Dankesreden in einem Ordner, die ich nie gebraucht habe, ich müsste nur eine herauspicken. Aber ich werde heute Abend gar nicht gefordert sein. Falls "Toni Erdmann" gewinnt, würde die Regisseurin Maren Ade den Preis entgegennehmen.
Karner: Es ist ja der Film, nicht ein Darsteller, der für den Auslands-Oscar nominiert wurde. Es rennen so viele Oscar-Schauspieler herum, obwohl nur der Film gewonnen hat. Der Anstand verlangt, hier genau zu sein.

Haben Sie jemals eine Karriere in Hollywood angestrebt?
Simonischek: Nein, ich nicht. Ich glaube keinem Schauspieler, der sagt, er würde den Oscar nicht wollen. Aber ich bin nicht so geraten, dass ich explizit sage: Wenn mein Leben ohne Oscar zu Ende geht, dann war es ein verpfuschtes Leben. Die Nominierung ist wunderbar, ein Glück, eine große Überraschung, weil es ist ein sehr langer Weg bis zum Oscar.
Karner: Jetzt ist er aber greifbar nahe, jetzt haben wir uns fast daran gewöhnt, man kann also damit umgehen.

Peter "Toni Erdmann" Simonischek und seine Leinwand-Tochter Sandra Hüller. (Bild: AP)
Peter "Toni Erdmann" Simonischek und seine Leinwand-Tochter Sandra Hüller.

In den USA ist "Toni Erdmann" frenetisch beklatscht worden, verstehen die Amerikaner denn diesen Humor?
Karner: Ja, aber wie! Und wissen Sie, was komisch ist, egal, wo wir im englischsprachigen Raum waren und wir waren ja dabei im Kino die Leute brüllen, viel mehr als in Österreich.
Simonischek: Ich habe die Beobachtung gemacht, dass die Amerikaner sowieso immer mit einer positiven Bereitschaft an die Sache gehen. Bei uns gibt es oft eine zurückgelehnte Abwartungshaltung, mehr Skepsis.

Haben Sie eine Art österreichischen Schmäh hineingebracht?
Simonischek: Ja, sicher, ich bin Österreicher, aber kein Paradeösterreicher so wie Armin Assinger.

Jetzt sind Sie das erste Mal in Amerika unter einem Präsidenten Donald Trump, belastet Sie das?
Simonischek: Nein, gar nicht, ich finde es gut, dass jetzt mal gewisse Sachen zur Sprache kommen, dass Themen diskutiert werden, die wir schon für selbstverständlich gehalten haben. Ich sag mal so: Die Demokratie hat uns das eingebrockt, die Demokratie wird es auch wieder auslöffeln.

Peter Simonischek in "Toni Erdmann" (Bild: Filmladen)
Peter Simonischek in "Toni Erdmann"

Was sagen Sie dazu, dass der Film als Remake mit Jack Nicholson verfilmt werden soll?
Simonischek: Ich bin das Original, das reicht mir! Aber ich bin ein großer Bewunderer von Jack Nicholson, ich fände es eine große Ehre, falls er das machen sollte.

Sie gelten als Vorzeige-Ehepaar, gerade im Showbiz, haben Sie aktuell eine Erklärung, warum Ihre Ehe so stabil ist?
Karner: Es gibt auch bei uns immer wieder Tunnels und dann wieder Sonnentage. Man muss aber immer dranbleiben und auch ganz mutig die Dinge ansprechen.
Simonischek: Mit zunehmendem Alter kommt auch das Vertrauen, dass es wieder besser wird auch wenn es mal wirklich bedeckt ist und düster ausschaut in der Beziehung.

Sie reden in der Öffentlichkeit immer sehr offen, warum eigentlich?
Karner: Weil es so viele Leute gibt, die Probleme haben. Und es tut mir so leid, wenn sie zu früh aufgeben, weil in der nächsten Beziehung haben sie meist dieselben Probleme wieder.
Simonischek: Bei vielen kommen ja die Zweifel, wenn das Strohfeuer, die Verliebtheit vorbei ist. Dann sagen sie sich: Wir sind am Ende. Aber das ist erst der Anfang von echter Liebe.
Karner: Wir haben das Glück, dass uns die Liebe als Geschenk erhalten geblieben ist. Dass man den anderen gerne um sich hat, egal, wie schwierig es gerade war …

Ist die berufliche Nähe von Vorteil?
Simonischek: Ja, das unterschätzen wir manchmal, dass wir dasselbe Vokabular haben. Brigitte ist Schauspielerin, ich bin Schauspieler, das gibt auch Konfliktpotenzial, aber natürlich auch eine grundsätzliche Nähe.

Ihnen wird also nie langweilig?
Simonischek: Nein, aber Langeweile ist auch ein kostbares Gut. Wir suchen deshalb die Langeweile. Als Erholung und vor allem als Quelle von Initiativen, die dann wirklich von innen kommen. Es ist gar nicht so leicht, immer zu unterscheiden, was wird von außen an einen herangetragen, und man erfüllt die Erwartungen, und was kommt aus einem selber an Impulsen, an Intentionen. Das darf niemals verloren gehen.

Karin Schnegdar, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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