Die Front in Europa für eine Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland wird immer breiter. Demetsprechend nervös reagiert nun Ungarns Premier Orban - in sein Land fließen jährlich 65 Millionen Euro aus Österreich - und attackiert unser Land. Außenminister Sebastian Kurz betont unbeeindruckt: "Wir ziehen das durch."
Österreich wolle die EU-Verträge "in kleinen Teilregelungen auf hinterlistige Art und Weise Schritt für Schritt verändern", so Orban. Er spielt auch auf das Prinzip der Gleichbehandlung an, spricht von einem "schleichenden Kompetenzentzug" und betont, dass Ungarn das nicht akzeptieren werde.
Außenminister Kurz antwortet klar und deutlich: "Diese ungerechte Kritik wird uns nicht stoppen." 250 Millionen Euro fließen pro Jahr ins Ausland, vor allem in den Osten Europas - Tendenz steigend. Die Beihilfe für zwei Kinder entspricht in Rumänien etwa dem Durchschnittseinkommen, so Kurz.
Im Gespräch mit der "Krone" betont der Außenminister: "Wir verstoßen nicht gegen europäisches Recht, sondern schöpfen den legitimen Spielraum aus." Generell drängt Kurz auf einen Kurswechsel in der EU - die Millionen an Familienbeihilfe für das Ausland seien nur eine von mehreren Fehlentwicklungen. "Die Niederlassungsfreiheit wird verwechselt mit der Freiheit, sich das beste Sozialsystem in Europa auszusuchen", sagt Kurz.
Gemeinsames Vorgehen mit Deutschland
Familienministerin Sophie Karmasin arbeitet unterdessen weiter an der europäischen Allianz für eine Anpassung der Familienbeihilfe an das Niveau des jeweiligen Landes. Nach Telefonaten mit Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble sowie mit Dänemarks Steuerminister Karsten Lauritzen steht fest: "Wir liegen auf einer Linie, sind gut abgestimmt." Nun soll der Druck erhöht werden.
Kommentar: Die wundersame Verwandlung
Wie schnell die Verwandlung vom Nationalisten und sturen EU-Ignorierer zum glühenden Europäer und vehementen Verteidiger der EU-Verträge gehen kann. Wenn es halt gerade in den eigenen Kram passt. Ausgerechnet Ungarns Regierungschef Viktor Orban, der sich strikt gegen eine faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa wehrt und immer wieder demonstriert, was er vom Zusammenhalt und der Solidarität innerhalb der Union hält - nämlich gar nichts -, geht nun auf Österreich los.
Und beruft sich bei der Familienbeihilfe ganz plötzlich auf das Prinzip der Gleichbehandlung, das ihm sonst so vollkommen fremd und egal ist. Darauf kann es nur eine Antwort geben - die Außenminister Sebastian Kurz sehr vornehm und diplomatisch formuliert. Da würde vielen wohl eine andere, kaum druckreife Wortwahl dazu einfallen.
Ähnliches gilt für die Erwiderung auf die EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen, die die österreichische Forderung nach einer Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland ablehnt und meint, sie würde das Fairness-Prinzip nicht für "Peanuts" opfern. Also eine Kleinigkeit, eine unbedeutende Summe, quasi nichts.
250 Millionen Euro sind lächerlich, nicht wichtig, ob man sie hat oder nicht? Für diese Ansicht braucht es schon eine ganz besondere Abgehobenheit. Als kleine Nachhilfe: Gleichbehandlung und Fairness heißt nicht, dass man es sich, ohne Rücksicht auf Verluste, richtet, wie man es halt gern hat.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
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