Jedes Jahr erkranken etwa 39.000 Österreicher an Krebs. Auch so tragische Schicksale wie jenes der beliebten Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser sollten Betroffene jetzt allerdings nicht mutlos machen. Denn dank moderner Therapien sind die Chancen, das Leiden zu überleben, so gut wie noch nie!
Obwohl die Zahl der Neuerkrankungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten gestiegen ist, sterben immer weniger Menschen daran. Denn eine frühe Diagnose und neue Therapien (siehe Interview unten mit Heinz Ludwig und Martha Lepperdinger) steigern die Überlebensraten.
Neue Hoffnung für Patienten
Während in den 1990er-Jahren fünf Jahre nach der Diagnose 56 Prozent der Betroffenen noch lebten, waren es zwischen 2005 und 2009 bereits 61 Prozent, Tendenz steigend. Bei den Unter-45-Jährigen sind nach dieser Zeit sogar 83 Prozent am Leben. Das gibt jenen Menschen, die heute die Diagnose erhalten, neue Hoffnung. Wichtig für die Heilungschancen ist allerdings der Diagnosezeitpunkt: Je später der Tumor entdeckt wird, desto schlechter die Prognose. Deshalb ist es äußerst sinnvoll, an den Vorsorgeprogrammen, z. B. gegen Brust- oder Darmkarzinome, teilzunehmen.
Psyche spielt große Rolle
Wenn die medizinische Behandlung dann greift und der Krebs verschwindet, muss ebenfalls die Nachversorgung im Auge behalten werden. Hier spielt die Psyche eine große Rolle. Angst, Erschöpfung und Müdigkeit auch aufgrund der körperlich fordernden Therapien belasten viele Patienten. Experten raten deshalb dringend, sich nicht zu scheuen, gleichzeitig psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Um gestärkt wieder in den Alltag zurückkehren zu können, bieten onkologische Reha-Einrichtungen Unterstützung an. "Drei bis vier Wochen Rehabilitation nach erfolgter Behandlung bringen eine enorme Verbesserung der Lebensqualität", so Thomas Licht, ärztlicher Leiter des Rehazentrums St. Veit im Pongau.
Viele Fragen zum Thema "Krebs und Beruf"
Dass immer mehr Menschen die Krankheit überleben, wirft auch neue Fragen auf, etwa: Wann kann ich wieder arbeiten? Das interessiert alle berufstätigen Patienten. "In unseren Beratungsstellen verzeichnen wir ein deutliches Ansteigen von Fragen zum Thema 'Krebs und Beruf'", sagt auch Paul Sevelda, Präsident der österreichischen Krebshilfe. Ein erfüllender Job kann durchaus als gute Ablenkung dienen, aber auch überfordern. Niemand sollte sich daher unter Druck fühlen, arbeiten gehen zu müssen. Ärzte warnen davor, sich zu viel aufzubürden. Natürlich hängt das sehr von der Persönlichkeit und vom individuellen Befinden ab.
Wenn man möchte, stehen die Chancen heutzutage jedenfalls gut, in den Beruf zurückzukehren. Die Österreichische Krebshilfe hat die sogenannte Wiedereingliederungsteilzeit erkämpft, die mit 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Damit besteht die Möglichkeit, in Absprache mit dem Arbeitgeber die wöchentliche Normalarbeitszeit für die Dauer von einem bis sechs Monaten herabzusetzen. Vereinbar ist die einmalige Verlängerung um bis zu drei Monate. "Mit dieser stufenweisen Rückkehr ins Arbeitsleben wird Patienten nicht nur soziale Absicherung, sondern auch Aufgabe und Bestätigung zurückgegeben", so Sevelda.
Jeder kann selbst dazu beitragen, das Erkrankungsrisiko niedrig zu halten - und zwar mit einem gesunden Lebensstil. Dazu gehören Bewegung, Stressabbau, ausgewogene Ernährung sowie das Vermeiden intensiver Sonnenbäder und der Aufnahme bestimmter Schadstoffe (Noxen), allen voran der Zigarettenrauch. Infos und Broschüren finden Sie hier.
Interview mit dem Onkologen Heinz Ludwig:
"Krone": Hatte Sabine Oberhauser eine Chance gegen diesen Krebs?
Heinz Ludwig: Grundsätzlich ja. Aber in ihrem Fall hat das Schicksal anders entschieden. Bei dieser Krebsart hilft eine Operation kombiniert mit Chemotherapie in der Frühphase des Leidens in vielen Fällen. Auch in fortgeschrittenem Stadium gibt es Heilungsaussichten.
Sind neue Therapien zu erwarten?
Ja, da bin ich sicher.
Können Sie das Prinzip dieser Behandlungen erklären?
Krebszellen haben sogenannte Reparaturmechanismen. Das heißt, sie können die Chemotherapie natürlich nicht verhindern, aber mitunter die Schäden beseitigen. Dann kommt der Krebs wieder zurück. Neue Präparate verhindern diese Reparatur. Andere neue Substanzen, die noch in Erprobung sind, wirken auf das Abwehrsystem. Dieses funktioniert wie ein Auto: Es hat Gas und Bremse. Die Medikamente blockieren die Bremse, das Immunsystem kann sozusagen wieder aufs Gas steigen und den Tumor attackieren. Sehr gute Ergebnisse gibt es schon beim Melanom und bei bestimmten Formen von Lungenkrebs.
Interview mit der Psychoonkologin Martha Lepperdinger:
"Krone": Wie soll ich mich als Angehöriger verhalten?
Martha Lepperdinger: Grundsätzlich sollte versucht werden, die Art und Weise der Kommunikation, wie man sie untereinander immer gepflegt hat, aufrechtzuerhalten. War man gewohnt, miteinander offen über persönliche Ängste und Gefühle zu reden, so wird es leichter sein, auch in diesem Moment offen miteinander zu sein.
Wie sollen sich Freunde oder Arbeitskollegen verhalten?
Vermeiden Sie - durchaus gut gemeinte - "gute Tipps", die für Patienten oft unerträglich sind und meist auch nur deshalb gegeben werden, um sich aus der eigenen Hilflosigkeit zu manövrieren.
Wie sage ich es meinen Kindern?
Kinder wollen die Informationen von ihren Eltern. Deshalb unterstützen wir Eltern dabei, "die Wahrheit" zu vermitteln.
W. Exel, M. Kotasek-Rissel, E. Rohrer, E. Greil-Schähs und M. Münzer, Kronen Zeitung
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