Trotz EU-Verbot
Tschechien will weiterhin seine Bürger bewaffnen
Tschechiens Innenminister Milan Chovanec hält demonstrativ ein Winchester-Gewehr quer vor der Brust. In einem Internet-Video erklärt er, warum er das Recht auf Waffenbesitz in der Verfassung verankern will. "Der Grund ist, dass sich in Europa die Sicherheitslage immer weiter verschlechtert", sagt der 47-jährige Politiker. Der andere Grund: In Reaktion auf die jüngsten Terroranschläge will die EU das Waffenrecht in den Mitgliedsländern deutlich verschärfen.
Voraussichtlich Mitte März soll das EU-Parlament über die geplante Verschärfung - darunter ein Verbot halbautomatischer Waffen - abstimmen. Konkret will die EU-Kommission in Reaktion auf die Terroranschläge von Paris vom November 2015 bestimmte halbautomatische Waffen für Privatleute verbieten. Das sind Schusswaffen, die bei Betätigung des Abzugs jeweils nur einen Schuss abgeben, aber selbsttätig nachladen. Betroffen sind Kurzwaffen mit Magazinen mit mehr als 20 und Langwaffen mit mehr als zehn Patronen.
Waffenbesitzer als "Garanten der Landessicherheit"?
Chovanec ist sichtlich empört: "Die Kommission will einen Teil der Waffenbesitzer entwaffnen - das ist schlicht und einfach Unfug." Der Sozialdemokrat hat einen Gegenplan: Er will die mehr als 290.000 tschechischen Inhaber eines Waffenscheins offiziell zu "Garanten der Landessicherheit" machen. Das soll in die Verfassung - und damit die EU-Richtlinie übertrumpfen. Kritiker werfen ihm mit Verweis auf das liberale US-Waffenrecht "Wild-West-Fantasien" vor.
Chovanec stört sich nicht an der Kritik. "Paradoxerweise wird die Maßnahme der EU-Kommission dem Terrorismus mehr helfen als schaden", warnt er in seinem YouTube-Video. Mit ernster Mine richtet er den Blick auf eine halbautomatische Pistole, die vor ihm auf dem Tisch liegt, um dann zu fragen: "Können Sie sich vorstellen, wie viele davon bei einem Verbot auf dem Schwarzmarkt landen werden?"
Minister Chovanec auf einer Linie mit Präsident Zeman
Die Möglichkeiten der Sicherheitsorgane, in solchen Fällen "effektiv und schnell" einzugreifen, seien begrenzt, so Chovanec. Er ist auf einer Wellenlänge mit Präsident Milos Zeman. "Ich bin wirklich der Meinung, dass sich die Bürger gegen Terroristen bewaffnen sollten", sagt der 72-Jährige, dessen Ehefrau nun einen Revolver besitzt.
Tschechen sind Waffennarren
Schon heute ist Tschechien ein vergleichsweise waffenverliebtes Land: Die Zahl der legal registrierten Pistolen, Jagd- und Sportgewehre sowie anderen Schusseisen liegt bei knapp 800.000. Die Tendenz ist seit Jahren steigend. Tschechien ist auch ein großes Herstellungsland: Im vorigen Jahr exportierten tschechische Firmen Schusswaffen im Wert von über 120 Millionen Euro.
Warnung vor "Abenteurern"
Besorgt über den Vorstoß seines Nachfolgers zeigt sich Ex-Innenminister Frantisek Bublan: "Das zieht nur Leute an, die nach einem Abenteuer suchen", sagte er im tschechischen Rundfunk. Er warnte davor, paramilitärischen "Heimatschutzverbänden" weiteren Zulauf zu bescheren. Chovanec solle sich vor der Parlamentswahl im Herbst lieber ein anderes Wahlkampfthema suchen, lautet Bublans Rat.
"Profis sollten Sicherheit garantieren"
Der Innenminister schaffe eine "Atmosphäre der Angst", kritisiert auch der Politologe Jiri Pehe. "In einem modernen Staat sollten Profis die innere Sicherheit garantieren, nicht bewaffnete Amateure oder selbst ernannte Milizen", mahnt der Mitarbeiter der New York University. Er erinnert an den Amoklauf von Uhersky Brod im Februar 2015, bei dem ein Waffenscheinbesitzer acht Menschen erschoss und dann Selbstmord beging.
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