Orban greift durch:
Ungarn sperrt jetzt alle Asylwerber in Lager ein!
Trotz Protests seitens der EU und der UNO hat das ungarische Parlament am Dienstag mit großer Mehrheit für die Aufhebung der Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge in dem Land gestimmt. Nach den Plänen des rechtspopulistischen Regierungschefs Viktor Orban sollen künftig alle Asylwerber nahe der Grenze zu Serbien in Containersiedlungen untergebracht werden, die sie bis zur Entscheidung über ihr Verfahren nicht verlassen dürfen.
Die Gesetzesänderung wurde mit 138 zu sechs Stimmen bei 22 Enthaltungen angenommen. Die neue Regelung wird für alle derzeit in Ungarn lebenden Flüchtlinge und alle zukünftig eintreffenden gelten. Derzeit leben nach Angaben der Regierung 580 Flüchtlinge in dem Land.
Asylantrag darf nur in Transitzone gestellt werden
Die Zwangsunterbringung gilt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Asylantrag. Bis dahin könne die Transitzone nur in Richtung Serbien verlassen werden, hieß es. Das Gesetz sieht auch vor, dass Asylanträge ausschließlich in der Transitzone gestellt werden können.
Einspruchsfristen verkürzt, Verfahren beschleunigt
Um die Asylverfahren zu beschleunigen, wird die Einspruchsfrist gegen einen abgelehnten Antrag auf drei Tage verkürzt. Die Behörde müsse den Einspruch innerhalb von drei Tagen an ein Gericht weiterleiten, dieses könne den Asylwerber persönlich in der Transitzone oder per Telefonleitung anhören. Zudem erhalten die Behörden das Recht zur Einstellung des Asylverfahrens, wenn sich der Asylwerber nicht äußert, keine Fingerabdrücke abgeben will oder sich nicht fotografieren lässt.
Orban: Ungarn "im Belagerungszustand"
Orban sieht sein Land in der Flüchtlingskrise immer noch "im Belagerungszustand". Der Migrantenzustrom habe sich zwar verlangsamt, sein Ende sei aber noch lange nicht absehbar, sagte der Premier. Er bezeichnete die Migration als "das trojanische Pferd des Terrorismus". Millionen Menschen machten sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg, doch diese "wollen nicht auf der Grundlage unserer Kultur und unserer Sitten leben, sondern auf der ihrer eigenen, jedoch auf europäischem Niveau". Im Kampf gegen die Migration könne Ungarn nicht mit der EU rechnen. Diese würde vielmehr "unsere Arbeit behindern", sagte er. Menschenrechtsorganisationen warf er "sinnlose Kritik" an Budapest vor.
Zaun an Grenze zu Serbien wird verstärkt
Ungarn hatte schon im Vorjahr seine Asylgesetze massiv verschärft. So wurden illegale Grenzübertritte zur Straftat gemacht und das Stellen von Asylanträgen an der Grenze strikt kontingentiert. Jüngst beschloss das Land auch eine Verstärkung seines Zaunes an der Grenze zu Serbien, weil es weiterhin zur illegalen Einreise zahlreicher Migranten mit Schleppern kommt.
EU-Kritik an harter Linie Orbans
Orban verfolgt eine Politik der strengen Abschottung gegenüber Flüchtlingen. Er nimmt dabei auch bewusst Konflikte mit der EU in Kauf, der die harte Linie der Regierung in Budapest zu weit geht.
Anfang Oktober war Orban mit seinem umstrittenen Referendum zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU gescheitert. Zwar stimmten damals 98,3 Prozent der Wähler gegen die EU-Flüchtlingsumverteilung und für Orbans Abschottungskurs, mit 39,9 Prozent Wahlbeteiligung wurde die erforderliche 50-Prozent-Marke jedoch klar verpasst.
Grüne Korun: "EU-Kommission darf nicht zuschauen"
Nach dem nunmehrigen Beschluss des ungarischen Parlaments wartet die EU-Kommission mit einer Bewertung noch ab. Man werde sich das Gesetz genau anschauen, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Dienstag. Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, forderte die Kommission zum Eingreifen gegen Ungarn auf, weil das Einsperren von Schutz suchenden Menschen "unseren Grundwerten und Grundfreiheiten" widerspreche. "Die EU-Kommission darf nicht zuschauen, wie zentrale Menschenrechte massiv verletzt werden. Sie muss entschlossen gegen diesen Grund- und Menschenrechtsabbau Widerstand leisten. Sonst hat sich Europa selbst aufgegeben", teilte Korun in einer Aussendung mit.
UNHCR befürchtet psychische Schäden bei Flüchtlingen
Die Vereinten Nationen zeigten sich über Organs neue Internierungspläne entsetzt. Mit dem Gesetz verletze Ungarn internationales und europäisches Recht, teilte das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mit. "Praktisch wird jeder Asylwerber, darunter auch Kinder, lange Zeit in Schiffscontainern hausen müssen, die von hohem Stacheldraht umgeben sind", kritisierte das UNHCR. Das neue Gesetz werde eine furchtbare physische und psychische Wirkung auf Menschen haben, die bereits viel Leid erfahren hätten.
Die Internierung von Flüchtlingen und Asylwerbern sei nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen rechtlich möglich, so das UNHCR. Alle Maßnahmen müssten außerdem stets der Lage angemessen sein. Für Kinder käme demnach eine Internierung überhaupt nicht in Betracht.
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