Erste Sonnenstrahlen durchbrechen nun immer häufiger das winterliche Grau, was auch für die Honigbienen den Weckruf markieren sollte. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: Viele werden nicht mehr aus dem "Winterschlaf" erwachen, erneut ist eine besonders hohe Sterberate unter den Bienenvölkern zu befürchten. "Wir werden wohl deutlich über dem Durchschnitt liegen", prognostiziert Christian Boigenzahn, Geschäftsführer von Biene Österreich, gegenüber krone.at.
Seit nunmehr zehn Jahren werden mittels Bienenmonitoring der Uni Graz die Verluste unter den Bienenvölkern in Österreich erhoben. Auf den Schreckenswinter 2014/15, als im Schnitt fast 30 Prozent der Bienen verendet waren, konnten die Imker im Folgejahr aufatmen und sich über den niedrigsten Wert der Messgeschichte (8,1 Prozent) freuen. Insgesamt wurden bis 2015/16 7930 Datensätze über 172.184 Bienenvölker ausgewertet.
Bis zu 70 Prozent Verluste
Aus Vorarlberg liegen nun bereits erste bedenkliche Zahlen für die aktuelle Saison vor, so Johann Gruscher, der Präsident des Österreichischen Imkerbundes. Die Sterberate betrage bis zu 70 Prozent. "Man muss immer wieder mit Ausfällen rechnen", so Hobby-Imker Michael Mayer aus Oberösterreich im Gespräch mit krone.at. Doch heuer sei auch bei ihm die Lage "besonders drastisch": "Alle meine Bienen lagen im Frühjahr tot am Boden", schreibt er auf Facebook. Ein Problem, das auch jenseits der Grenzen Österreichs hohe Wellen schlägt: "Das Bienensterben betrifft heuer die ganze EU", zeichnet Biene-Österreich-Geschäftsführer Boigenzahn ein düsteres Bild.
Pestizide als Problemherd
Doch worauf lässt sich der massenhafte Tod des für Umwelt und Ökosystem so wichtigen Bestäuberinsekts zurückführen? Die Mutmaßung, dass der strengere Winter für die hohe Sterberate verantwortlich ist, stimmt jedenfalls nicht. Boigenzahn: "Im Gegenteil: Stabile Kälte ist sogar gut für das Überwintern der Bienen. Die kommen auch mit sehr tiefen Temperaturen zurecht."
Vielmehr können den Bienen Pestizide wie etwa das neu zugelassene MOCAP-15G zu schaffen machen. Diesbezüglich habe man auch bereits ein Protestschreiben verfasst das unter anderem an Umweltminister Andrä Rupprechter geschickt wurde, so Gruscher. "Wir würden uns wirklich wünschen, bei den Zulassungsverfahren für neue Insektizide mehr eingebunden zu werden", appelliert der Bienen-Präsident im Gespräch mit krone.at. "Wir haben ja auch Experten", die dazu einen Beitrag leisten könnten.
Blühstreifen nur "Scheinmaßnahme"
Sogenannte Blühstreifen, die zwischen den Feldern angelegt und von der EU auch gefördert werden, sollen verhindern, dass Bienen mit Insektiziden in Kontakt kommen. Allerdings handle es sich um eine "Scheinmaßnahme", wie Mayer kritisiert, denn die Überschneidungsphasen bei den Blühzeiten müssten viel genauer kontrolliert bzw. eingehalten werden, sodass nicht auch jene Blüten, die von den Bienen angeflogen werden, mit den Pestiziden in Berührung kommen.
Viren durch Milben übertragen
In den meisten Fällen seien aber Milben das Problem, so Boigenzahn - insbesondere die Varroamilbe, die sich vom Blut der Bienen ernährt. Zwar kommen Bienenvölker auch während des Winters mit einem gewissen Milbenbefall zurecht, allerdings werden zunehmend auch Viren über die kleinen Spinnentiere auf die Bienen übertragen, die dann zum Tod führen.
Doch was können Konsumenten abseits dieser negativen Einflussfaktoren zum Überleben der Honigbiene beitragen? Zum einen solle man im privaten Bereich, etwa für ein paar Obstbäume, auf den Einsatz von Pestiziden komplett verzichten und auch bewusst eine "Bienenweide" im Garten erhalten, statt immer alles abzumähen. Denn vielfach sei auch der Mangel an Nahrungsgrundlagen für die Insekten eine Herausforderung.
Ursprungsland: Österreich!
Hat man keinen Garten, den man bienenfreundlicher gestalten kann, sei es ratsam, beim Kauf von Honig genau auf die Herkunft zu achten. Vielfach werde nämlich der Hinweis, dass das Produkt aus Beständen der "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" stamme, übersehen. Wichtig sei es, tatsächlich in Österreich produzierten Honig ("Ursprungsland: Österreich") zu kaufen. Denn: "Den Honig kann man importieren, die Bienen aber nicht", sagt Gruscher.
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