Erdogan hetzt weiter
“Niederländer haben 8000 Bosniaken ermordet”
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hetzt weiter. Am Dienstag lastete er den Niederlanden im Streit um die Auftrittsverbote seiner Minister das Massaker im bosnischen Srebrenica 1995 an. "Wir kennen Holland und die Holländer noch vom Massaker von Srebrenica", sagte Erdogan in Ankara. "Wie verdorben ihre Natur und ihr Charakter sind, wissen wir daher, dass sie dort 8000 Bosniaken ermordet haben."
"Niemand soll uns Lektionen in Zivilisation geben. Dieses Volk hat ein reines Gewissen. Aber deren Gewissen ist pechschwarz", so Erdogan. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte wies die Vorwürfe umgehend als "widerliche Geschichtsverfälschung" zurück. Das sei inakzeptabel und unerträglich, sagte Rutte am Dienstag im niederländischen Fernsehen.
8000 Bosniaken von Mladics Truppen massakriert
Tatsächlich hatten das Massaker in Srebrenica im Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen unter dem Kommando von General Ratko Mladic verübt. Niederländische UNO-Soldaten hatten den Angreifern die Stadt zuvor allerdings kampflos überlassen. Bei dem Massaker an rund 8000 Männern und Burschen handelte es sich um den schlimmsten Völkermord in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Strafrechtliche Folgen für den damaligen UN-Kommandanten Thom Karremans hatte das Massaker nicht. Die niederländischen Behörden hätten in dem Fall ausreichend ermittelt, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im September des Vorjahres in Straßburg. Auch die Entscheidung der Strafverfolger, den Niederländer nicht wegen Beihilfe zum Völkermord anzuklagen, sei gerechtfertigt gewesen. Die Hinterbliebenen von drei Opfern hatten sich gegen diese Entscheidung gewehrt.
Erdogan wirft Niederlanden "Staatsterrorismus" vor
Erdogan warf den Niederlanden bei seiner Rede im Präsidentenpalast in Ankara außerdem "Staatsterrorismus" vor und drohte erneut mit Sanktionen. Er rief dazu auf, beim Referendum über die Einführung des Präsidialsystems mit Ja zu stimmen, da dies die beste Antwort für "die Feinde der Türkei" sei.
Keine Spur von Deeskalation
Damit setzt die Türkei weiter auf Konfrontation mit der Europäischen Union. Die Regierung in Ankara hatte am Montagabend diplomatische Sanktionen gegen die Niederlande beschlossen, nachdem dort mehrere Minister an Wahlkampfauftritten gehindert worden waren. Einen Aufruf der EU zur Deeskalation wies die Türkei zurück. Nachdem sich Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Niederlanden solidarisiert hatte, warf ihr Erdogan "Unterstützung von Terroristen" vor.
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