Neuer Türkei-Ansatz

Kurz: Nachbarschaftsvertrag statt EU-Beitritt

Österreich
15.03.2017 12:40

Wie soll Europa mit seinem schwierigen Nachbarn Türkei umgehen? Mit dieser Frage wird sich auch die österreichische EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 auseinandersetzen (müssen). Außenminister Sebastian Kurz verfolgt nun einen neuen Ansatz zur Lösung des diplomatischen Dilemmas: Die EU-Option für die Türkei soll endgültig in der Schublade verschwinden, das Zauberwort heißt "Nachbarschaftsvertrag".

"Es wird Zeit, dass Europa das Verhältnis zur Türkei klärt", so der ÖVP-Politiker am Mittwoch. Im Gegensatz zu den Beitrittskandidaten am Westbalkan bewege sich die Türkei "seit Jahren weg von der EU", heißt es in dem Papier, das laut Kurz Grundlage für die Position der Bundesregierung für den kommenden EU-Vorsitz sein soll. Von "dramatischen Auswirkungen auf Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie" ist die Rede. Zusätzlich erwähnt werden "die inakzeptablen Provokationen im Zusammenhang mit Wahlkampfauftritten in EU-Mitgliedsstaaten" im Vorfeld des türkischen Verfassungsreferendums.

Video: Türkische Ministerin nach Rotterdam-Eklat von Sympathisanten bejubelt

"Der Beitritt dieser Türkei zur EU ist daher undenkbar", heißt es in dem Kurz-Papier. Gleichzeitig bleibe die Türkei aber ein bedeutender regionaler und wirtschaftlicher Akteur. Sowohl die EU als auch die Türkei hätten ein "Interesse an möglichst engen und konstruktiven Beziehungen auf Augenhöhe" und auf allen Ebenen.

"Sinnvoller als ein starres Festhalten an einer Beitrittsfiktion ist daher ein realistischer Ansatz: ein neuer Europäisch-Türkischer Nachbarschaftsvertrag", so der Vorschlag. Weder eine Beitrittsoption noch die Personenfreizügigkeit im Rahmen eines Binnenmarkts solle darin enthalten sein. Basis für den Vertrag soll eine modernisierte Zollunion sein. Auch in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Inneres einschließlich der Terrorismusbekämpfung könnte verstärkt zusammengearbeitet werden.

EU-Perspektive für Westbalkanstaaten "wesentlicher Ansporn"
Anders ist die Lage bei Ländern wie Serbien oder Mazedonien: "Der EU-Beitritt für die sechs Staaten des Westbalkans muss aufrechterhalten bleiben. Er ist und bleibt der wesentliche Ansporn für Reformen." Gerade die Migrationskrise habe gezeigt, dass Stabilität und Sicherheit am Westbalkan unerlässlich für die Stabilität und Sicherheit Zentraleuropas seien, heißt es.

Herzliche Beziehungen zum Westbalkan: Kurz und der serbische Premier Aleksandar Vucic (Bild: EMMANUEL DUNAND/AFP)
Herzliche Beziehungen zum Westbalkan: Kurz und der serbische Premier Aleksandar Vucic

Österreich hat sich schon öfter für eine privilegierte Partnerschaft zwischen der EU und der Türkei ausgesprochen. Nach dem gescheiterten Putschversuch im Sommer 2016 und dem darauffolgenden Vorgehen der Türkei gegen Oppositionelle und Medien hatten Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sowie auch Kurz ein Aussetzen der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert.

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