Mathe-Genie und Wunderkind! Nikola ist erst 15 Jahre alt und geht schon auf die Uni. Das Protokoll eines Burschen, der in der Welt der Zahlen daheim ist.
Es war in dem Sommer, bevor ich ins Gymnasium gekommen bin. Ich hatte zum Ferienstart ein Buch geschenkt bekommen. Von meiner Tante. Es war das Lexikon der Mathematik. Nicht, dass ich davor im Rechnen schlecht gewesen wäre. Durchschnitt, würde ich sagen. Aber dieses Buch - ich habe es mehrmals gelesen - hat in mir etwas ausgelöst. Ich habe plötzlich begriffen, dass die ganze Welt, das Universum durch mathematische Formeln erklärbar sind. Ich war fasziniert von dieser Erkenntnis. Von nun an sollten Formeln, geometrische Figuren und Zahlen mein Leben bestimmen.
In der neuen Schule habe ich dann in Mathematik nur noch Einser geschrieben. Das hat mir den Ruf eines Genies eingebracht. Einige haben in mir aber auch einen Freak gesehen. Denn es ging mir schon lange nicht mehr darum, Gleichungen einfach nur zu lösen. Ich habe angefangen, die dafür nötigen Formeln zu zerpflücken, um dann zu überprüfen, ob sie auch wirklich stimmen.
Gott selbst war Mathematiker
Später hat mein Vater begonnen, mich bei Mathe-Wettbewerben und Olympiaden anzumelden. Ich habe so einige Medaillen und Hauptpreise nach Hause gebracht. Oft werde ich gefragt, ob ich außergewöhnlich intelligent bin oder hochbegabt. Ich habe nie einen Intelligenztest gemacht. Darum geht es mir auch gar nicht. Mathematik begeistert mich einfach. Man findet mit ihr auf so vieles eine Antwort. Gott selbst war Mathematiker. Das behaupten zumindest einige Wissenschaftler.
Haben Sie auch ein Schicksal gemeistert und können damit anderen Mut machen? Dann schreiben Sie bitte an: brigitte.quint@kronenzeitung.at
Mittlerweile bin ich Schüler und Student. Beides gleichzeitig. Denn weil ich im Rechenunterricht unterfordert war, hat mir meine Direktorin eine Sondergenehmigung für die Uni beschafft. Jetzt darf ich ohne Matura an der Fakultät für Mathematik in Wien studieren. Die Vorlesungen und Kurse belege ich meistens am Nachmittag. Am Vormittag gehe ich auf die reguläre Schule, das Musikgymnasium in der Neustiftgasse.
Mädchen und Partys interessieren mich nicht
Ich bin ehrgeizig und hoffe auf einen guten Abschluss. Hier und dort. Nicht jedes Fach fällt mir aber gleich leicht. Für einen Einser in Geschichte zum Beispiel muss ich lernen wie alle anderen. Hübsche Mädchen, Discos, Partys, Markenkleidung, Alkohol - angeblich stehen Burschen in meinem Alter auf all diese Dinge. Das interessiert mich alles nicht. Freilich denke ich daran, später mal eine Freundin zu haben. Sie soll intelligent sein und nicht unnötig herumalbern.
Meine Kleidung sucht mein Vater für mich aus
Meine Freizeit verbringe ich derzeit aber lieber mit meiner Familie. Ich mag Spaziergänge in der Inneren Stadt. Allerdings nicht, um shoppen zu gehen. Meine Kleidung sucht in der Regel mein Vater für mich aus.
Glück? Das ist für mich schwer greifbar. Es wäre leichter, wenn es eine Formel dafür gäbe. Am ehesten verbinde ich glücklich sein mit Erfolg. Das muss nicht immer mit Mathematik zusammenhängen. Ich spiele zwei Instrumente, Gitarre und Klavier, und singe im Schulchor. Ich könnte mir auch vorstellen, später einmal Musiker zu werden. Und Mathematiker. Töne, die für uns harmonisch klingen, gehorchen nämlich nichts anderem als mathematischen Regeln.
Das stand übrigens auch in dem Lexikon, das mein Leben so sehr verändert hat. Bald ist wieder Sommer. Ich sollte meine Tante fragen, ob sie mir wieder ein Buch schenken mag. Ich bin ja erst 15 Jahre alt, und es gibt noch viel zu entdecken für mich.
TIPPS UND INFOS:
Brigitte Quint, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.