Hilfsorganisationen in Österreich sind zuletzt vermehrt in die Kritik geraten. Nicht zuletzt die Abrechnung des früheren Leiters des Flüchtlingslagers Traiskirchen mit den NGOs in seinem Buch hat neues Wasser auf die Mühlen der Kritiker gegossen. Laut einer aktuellen Umfrage für das Nachrichtenmagazin "profil", aus der bereits am Samstag vorab Ergebnisse veröffentlicht wurden, findet jeder Dritte die Asyl-Arbeit der Caritas schlecht. Das Rote Kreuz und Ärzte ohne Grenzen schneiden in der Umfrage wesentlich besser ab.
Die beiden Organisationen liegen mit jeweils 81 Prozent an der Spitze, die Caritas beurteilen nur 62 Prozent der Befragten sehr oder eher positiv. 28 Prozent sehen die Arbeit der kirchennahen Organisation eher oder sehr negativ. Dahinter liegen Amnesty International (mit 52 Prozent positiv) und die Diakonie (mit 46 Prozent). Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob die häufig als aggressiv wahrgenommene Kommunikation des Caritas-Wien-Chefs Klaus Schwertner hier ebenfalls eine Rolle gespielt hat?
Traiskirchen-Enthüllungsbuch sorgt für Aufsehen
Auch das Buch "Brennpunkt Traiskirchen. Protokoll aus dem Inneren des Asylsystems" dürfte die Meinung der Befragten ein wenig beeinflusst haben. In diesem schreibt der ehemalige Leiter der Erstaufnahmestelle Traiskirchen, Franz Schabhüttl, auf welche Art und Weise sich der Staat "zum verlängerten Arm der Schlepper" macht und wie die NGOs an der Flüchtlingskrise verdienen.
Weder das Bild des linken noch das des rechten Lagers entspreche der Realität des Asylwesens, berichten Schabhüttl und Mit-Autor Andreas Wetz in ihrem Protokoll aus dem Inneren des Asylsystems. Asylwerber seien weder "hilfsbedürftig und arm" noch "böse und gefährlich". Beide Lager würden die Wirklichkeit bewusst verzerren. "Die Wahrheit sieht anders aus", sagte Schabhüttl bei der Präsentation des Buches.
Video: Franz Schabhüttl im krone.at-Livetalk zu den Reaktionen auf sein Buch
Schabhüttl: "Hilfsreflexe durch Falschinformation ausgelöst"
So herrschte etwa laut Darstellung von NGOs wie Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und Caritas im Sommer 2015, als das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen mit 4740 Flüchtlingen deutlich überbelegt war, unter den Asylwerbern Not, Hunger und medizinische Unterversorgung. Das sei zu jedem Zeitpunkt falsch gewesen und habe in der Bevölkerung "zutiefst menschliche, aber objektiv nicht notwendige Hilfsreflexe" ausgelöst. "Wir mussten durch die so ausgelöste Spendenflut auf Kosten der Steuerzahler wöchentlich bis zu 50 Tonnen an brauchbaren Waren entsorgen", so Schabhüttl.
Caritas-Chef: "Zynische und realitätsfremde Generalabrechnung"
Der Aufschrei der Kritisierten ließ nicht lange auf sich warten. Der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner bewertete die "Generalabrechnung" Schabhüttls als "zynisch und realitätsfremd". "Jeder, der die Bilder von obdachlosen Menschen in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen gesehen hat, weiß: Hier herrschte dringender Handlungsbedarf. Die von Tausenden unterstützte Hilfe im Nachhinein als Teil des Problems zu beschreiben und nicht als Teil der Lösung zu benennen, ist beispiellos", meinte Klaus Schwertner im Interview mit "Kathpress".
Der Sommer 2015 sei "unglaublich fordernd" gewesen, so Schwertner im Rückblick. Es sollte heute "nicht um Schuldzuweisungen" gehen, sondern um die Frage, ob bereits alles unternommen werde, um Obdachlosigkeit von Kindern in Österreich künftig zu vermeiden. Das müsse das Ziel sein. Amnesty-International-Generalsekretär Heinz Patzelt sprach im Ö1-"Morgenjournal" in der Vorwoche von "schlampiger Recherche und haltlosen Vorwürfen".
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