Acht "Staatsverweigerern" ist in Krems ein 19 Stunden langer Marathonprozess gemacht worden, ehe in den frühen Morgenstunden des Donnerstags die Urteile gefallen sind: Sechs Personen wurden - noch nicht rechtskräftig - schuldig gesprochen, für einen Angeklagten gab es einen Freispruch und in einem Fall muss erst ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Die Anklage rund um eine 2014 auf einem Hof im Waldviertel geplante "Gerichtsverhandlung" gegen eine Sachwalterin lautete unter anderem auf schwere Nötigung und Amtsanmaßung.
Die höchste Strafe - 20 Monate Haft, davon 15 Monate bedingt - fassten ein 51- und ein 53-Jähriger aus. Ein 29-Jähriger kam mit einer unbedingten Geldbuße und acht Monaten bedingter Haft davon. Die Richterin führte aus, die Gruppierung sei bei der Übergabe des "Haftbefehls" an die Polizei "sehr bestimmt aufgetreten". Ein 57-Jähriger wurde freigesprochen. Das Verfahren gegen einen 47-jährigen Angeklagten wurde zur Einholung von Sachverständigengutachten ausgeschieden.
Zum ersten Termin Mitte März waren nur drei Beschuldigte erschienen, woraufhin die restlichen fünf in U-Haft genommen wurden. Die Erstangeklagte bekannte sich am Mittwoch teilweise schuldig. Die 53-jährige Besitzerin des Hofs in Hollenbach hatte Klage nach Naturrecht gegen ihre Sachwalterin eingereicht: "Ich wollte eine Wiedergutmachung und, dass mein Leben wieder normal rennt", meinte sie. Zuvor sei ihr der Strom abgedreht worden, auch ihr Konto sei gesperrt worden.
Todesangst vor "Fantasiegericht"
Die Angeklagten im Alter von 29 bis 57 Jahren, Organe bzw. Mitbegründer eines vom Außenministerium als "Fantasiegericht" bezeichneten International Common Law Court of Justice Vienna, stellten einen "Haftbefehl" gegen die Sachwalterin aus. Die Rechtsanwältin, die sich als Privatbeteiligte selbst vertrat, hatte zum Prozessauftakt von Todesangst gesprochen. Sie hatte ihre Tätigkeit als Sachwalterin der Hofbesitzerin 2014 beendet.
Man habe ihr Hilfe angeboten, sagte die 53-jährige Hofbesitzerin, zahlreiche Personen folgten einer Einladung zum "Wiesensommer". Viele seien unter dem Bann eines - abgeschobenen und nicht angeklagten - englischsprachigen Beteiligten gestanden, der im Juli 2014 durchgehend bei ihr am Hof gelebt habe. Diesen und andere nunmehr Mitangeklagte hatte sie bei einem von ihr veranstalteten Infonachmittag zur staatsfeindlichen Bewegung OPPT (One People's Public Trust) in Wien kennengelernt.
Bizarres "Tribunal" in leerem Stadel
Für das "Tribunal" war ein Stadel ausgeräumt worden. Die "Gerichtsverhandlung" hätte ein Gespräch mit der Sachwalterin sein sollen, rechtfertigte sich die Erstangeklagte. Sie räumte ein, 2013 bis 2016 Einträge ins US-amerikanische Schuldenregister gegen mehrere Personen - darunter ihre ehemalige Sachwalterin, den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, Niederösterreichs damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll, Führungskräfte der Nationalbank und der Landespolizeidirektion - verfasst zu haben. Die Forderungen gab die 53-Jährige mit 113 Billionen Silberunzen an.
Im Verlauf der weiteren Befragungen wurde die Beteiligung heruntergespielt - so wollte der Zweitangeklagte (42) aus Wien, ein ehemaliges BZÖ-Mitglied, nur "zum Grillen" gekommen sein. Der wie der 42-Jährige zum "Sheriff" ernannte Oberösterreicher (51) bezeichnete die "Gerichtsverhandlung" als geplantes "Theaterstück", mit dem ein "Zeichen gegen Ungerechtigkeit" gesetzt werden sollte.
Polizei ließ "Gerichtsverhandlung" platzen
Andere hatten als "Hilfssheriff" fungiert. Eine 42-Jährige gab an, eine "gerichtliche Vorladung" ohne Kenntnis des Inhalts unterschrieben zu haben. Ein 47-Jähriger, ehemaliges Mitglied des BZÖ, wollte seinen Angaben zufolge als Journalist in das "Projekt" hineinschnüffeln. Ein Arzt (57) bestritt die Vorwürfe ebenfalls. Ein 29-Jähriger war eigenen Angaben zufolge als Übersetzer tätig. Er habe damals zu wenig gewusst und sei zu naiv gewesen, meinte ein 53-Jähriger. Am 28. Juli 2014, dem Tag der "Gerichtsverhandlung", wurde die Liegenschaft in der Katastralgemeinde von Waidhofen an der Thaya von der Polizei geräumt.
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