Nach dem Schlagabtausch zwischen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und dem Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, hat sich nun die FPÖ in den Streit um türkisch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaften eingeschaltet. Man habe die türkische Wählerevidenzliste mit 46.000 Namen zugespielt bekommen und werde sie den Behörden zur Enttarnung illegaler Doppelstaatsbürger übermitteln, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Dienstag in Wien.
Es werde noch "geprüft, ob das wirklich eine korrekte Wählerevidenzliste ist", sagte Strache. Auf der Liste seien auch "viele Bezirksräte aus unterschiedlichen Parteien". Von wem die FPÖ die Liste erhalten habe, wollte der Parteichef nicht bekannt geben. Die Liste scheine glaubwürdig und werde derzeit von einem Rechtsanwalt überprüft.
"Wir werden mit den Listen sicher nicht hinterm Berg halten", sagte Strache mit Blick auf die Weigerung von Pilz, der seine Wählerliste den Behörden nur unter Bedingungen geben will. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) sagte, Pilz halte die Liste zurück, "weil auch eigene Funktionäre betroffen sind und Politiker der Grünen eine doppelte Staatsbürgerschaft haben".
Als "wirklich lächerlich" und "Schutzbehauptungen" wies Strache Angaben von Betroffenen zurück, sie hätten nichts vom Wiedereintritt in die türkische Staatsbürgerschaft gewusst. Es sei ja niemand "mit vorgehaltener Pistole" gezwungen worden, die entsprechende Unterschrift zu leisten.
"Sind von Doppelstaatsbürgern betrogen worden"
"Wir sind von Tausenden Doppelstaatsbürgern betrogen worden. Da hat es nur eine Konsequenz zu geben, den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft", so Strache. Er forderte bis zur Klärung der Frage einen Stopp aller Einbürgerungen von Türken sowie die Einsetzung einer Taskforce im Innenministerium, die sämtliche Einbürgerungen der vergangenen 15 Jahre unter die Lupe nehmen solle.
"Menschen ohne Pass geben ihre Stimme ab"
Hofer mahnte, dass die illegalen Doppelstaatsbürgerschaften auch einen Anfechtungsgrund bei österreichischen Wahlen darstellen können. "Es geben Menschen ihre Stimme ab, die keinen Pass haben", dadurch würden Wahlen anfechtbar. "Das sollten wir uns wirklich sparen", sagte der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat.
Strache betonte, dass die FPÖ schon vor Jahren auf das Problem der illegalen Doppelstaatsbürger aufmerksam gemacht habe. Die Behörden hätten in vielerlei Hinsicht tätig werden können, etwa mit "Planquadraten" vor türkischen Konsulaten, beim Bundesheer oder auf Flughäfen, um Pässe auf fehlende türkische Stempel zu prüfen. "Es ist immer eine Frage des Wollens", doch der Wille sei bei SPÖ und ÖVP nicht vorhanden, weil die beiden Parteien eng mit regierungsnahen türkischen Organisationen wie AKP, ATIB oder UETD vernetzt seien. Hier sei "offenbar eine Wählerschaft für die Koalition aufgebaut" worden, "die man nicht verärgern" wolle.
FPÖ schießt scharf gegen Kurz
Scharfe Kritik übte der FPÖ-Chef auch an Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP), den er für das "dramatische Integrationsversagen" im Land verantwortlich machte. So sei etwa das unter der Ägide von Kurz beschlossene Islamgesetz "ein völlig schwachmatisches Gesetz", das nicht einmal der Auslandsfinanzierung von islamischen Vereinen einen Riegel vorschiebe.
Diese würden sich nämlich als kulturelle Vereine "platzieren", um weiterhin Geld aus der Türkei oder Saudi-Arabien zu erhalten. "Es ist fünf nach zwölf, wir müssen handeln", sagte der FPÖ-Chef, der auch das Nein der Wiener Gemeinderatsparteien zu einem Kopftuchverbot für Minderjährige in Kindergärten kritisierte.
Pilz reagiert umgehend: "FPÖ-Liste unvollständig!"
Peter Pilz hat bereits kurz nach der Pressekonferenz der FPÖ die Vollständigkeit und Echtheit der Listen in Frage gestellt. Strache missbrauche unvollständige Listen, schrieb Pilz auf Twitter. Der gesetzliche Schutz der Opfer werde jetzt noch dringlicher.
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