SPD abgestraft
Merkels CDU gewinnt in Schleswig-Holstein klar
Zweite Entscheidung im deutschen Superwahljahr 2017, zweite Niederlage für die SPD: Die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Torsten Albig haben die Landtagswahl in Schleswig-Holstein klar verloren. Gut vier Monate vor der Bundestagswahl wurde die bisher oppositionelle CDU am Sonntag mit großem Abstand stärkste Kraft. Sie strebt nun eine "Jamaika-Koalition" mit FDP und Grünen an.
Nach der verpatzten Saarland-Wahl musste SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz den nächsten Dämpfer für den erhofften Machtwechsel im Bund hinnehmen. Dagegen bekommt die Union der deutschen Kanzlerin Angela Merkel Rückenwind für die noch wichtigere Wahl in Nordrhein-Westfalen in einer Woche und die bundesweite Entscheidung im September.
Als Wahlsieger können sich nach einem starken Abschneiden auch Grüne und FDP fühlen. Der AfD gelang der Einzug in den zwölften Landtag, jedoch mit deutlich schlechterem Ergebnis als zuvor in anderen Bundesländern.
Welche Koalition geht sich aus?
Offen ist, welche Koalition künftig das nördlichste deutsche Bundesland regieren wird. Der Wahlsieger, CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther, bekräftigte am Wahlabend sein Ziel, ein "Jamaika-Bündnis" zu bilden. Die Grünen favorisieren zwar eine "Ampel" mit SPD und FDP, für die es ebenfalls eine Mehrheit gibt. Sie zeigten sich aber auch für eine andere Konstellation offen. Die umworbene FDP hielt sich bedeckt. Möglich wäre auch eine große Koalition aus CDU und SPD, die aber bei beiden Parteien wenig beliebt ist. Für die in den vergangenen fünf Jahren regierende Koalition aus SPD, Grünen und SSW - die Partei der dänischen Minderheit - reicht es nicht mehr.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU auf 32,0 Prozent. Zweitstärkste Kraft wird die SPD mit 27,2 Prozent. Dahinter folgen die Grünen mit 12,9, die FDP mit 11,5 und die AfD mit 5,9 Prozent. Die Linke verpasst mit 3,8 Prozent den Einzug in den Landtag, die bisher darin vertretene Piratenpartei fliegt hinaus. Der SSW kommt auf 3,3 Prozent. Die CDU holt im neuen Landtag 25 Sitze, die SPD 21. Die Grünen erringen zehn Mandate, die FDP neun, die AfD fünf und der SSW drei. Die Wahlbeteiligung stieg auf 64,2 Prozent.
CDU punktet vor allem bei Senioren
Die CDU hat erstmals seit zwölf Jahren wieder die Chance, aus der Opposition heraus ein Land zurückzugewinnen. Sie legte im Wahlkampf mit Günther eine fulminante Aufholjagd hin und punktete nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen vor allem älteren Wählern über 60. Das Ergebnis sei ein "klarer Auftrag" an die CDU, Koalitionsgespräche zu führen, sagte Günther. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich die FDP als Wunschkoalitionspartner habe, aber immer auch für Gespräche mit den Grünen zur Verfügung stehe."
Albig räumte die Niederlage ein: "Alle unsere Wahlziele haben wir nicht erreicht." Trotz des zweitschlechtesten Ergebnisses seiner Partei bei einer Landtagswahl im Norden sieht sich der SPD-Politiker noch nicht in der Opposition: "Eine Ampel ist durchaus denkbar."
Bestes FDP-Ergebnis seit sieben Jahren
Für die FDP ist der Erfolg in Kiel das bundesweit beste Ergebnis seit September 2009. Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte: "Eine Regierung unter der Führung von Torsten Albig kann ich mir schwer vorstellen." Die Grünen mit ihrem über die Landesgrenzen hinaus bekannten Zugpferd Robert Habeck - bisher Umwelt- und Agrarminister - schnitten deutlich besser ab als in den bundesweiten Umfragen. Habeck sprach von einem "Ende des Abgesangs auf die Grünen". Grünen-Spitzenkandidatin Monika Heinold sagte zur Koalitionsfrage: "Die Ampel ist unser Favorit im Vergleich zu Jamaika."
Mit Spannung wird nun die sogenannte kleine Bundestagswahl im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag erwartet. Auch hier konnte die lange in Umfragen zurückliegende CDU zuletzt mit der regierenden SPD gleichziehen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärte sich die SPD-Niederlage im Norden mit örtlichen Gegebenheiten und betonte: "Schleswig-Holstein ist nicht Nordrhein-Westfalen." Ihr CDU-Kontrahent Armin Laschet freute sich über den "starken Rückenwind aus dem Norden".
In Nordrhein-Westfalen wird sich auch zeigen, was aus dem von Schulz ausgelösten SPD-Höhenflug geworden ist. In den bundesweiten Umfragen ist der "Schulz-Effekt" schon weitgehend beendet, die Union liegt wie früher deutlich vorn. In der Beliebtheit hängt Merkel Schulz wieder ab. Zur Niederlage im Norden sagte Schulz: "Ich ärgere mich höllisch."
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.