"Meilenstein" ist fast schon eine Untertreibung. Der Mysteryklassiker "Twin Peaks" war Anfang der 90er-Jahre die Mutter aller Fernsehserien heutiger Prägung. Über 25 Jahre später erscheint die dritte Staffel: Die ersten beiden Folgen sind in der Nacht von Sonntag auf Montag im Original bei Sky online und ab 25. Mai auf Sky Atlantic HD auch auf Deutsch zu sehen.
Ein Einarmiger, ein Kleinwüchsiger, ein Dämon, ein telepathischer Holzscheit und der netteste FBI-Agent der Welt: "Twin Peaks" zeigte Zuschauern 1990, was Fernsehen sein kann. US-Filmkritiker Jordan Hoffman hat wie viele andere Fans beim Erzählen noch heute glänzende Augen: "Ist es ein Krimi? Ja! Ist eine Seifenoper? Ja! Ist es ein völlig gestörter, avantgardistischer, surrealistischer, psychosexueller Bewusstseinsstrom? Ja! All das ist es - und mehr!" Der TV-Produzent David Hollander bringt es im Rückblick auf den Punkt: "Sie können heute keine Fernsehsendung sehen, der 'Twin Peaks' nicht den Stempel aufgedrückt hätte. Die Art, wie wir drehen. Alles ist visueller."
Mit 18 neuen Folgen können die Fernsehzuschauer nun endlich in die Kleinstadt zurückkehren, in der alles möglich zu sein scheint. Nicht nur Kyle MacLachlan als FBI-Agent Dale Cooper ist wieder mit dabei. Auch Mädchen Amick (Shelly Johnson), Sherilyn Fenn (Audrey Horne), Ray Wise (Leland Palmer) und viele andere haben sich an der Fortsetzung beteiligt. Unter den mehr als 200 Darstellern sind laut Medienberichten auch eine Reihe neuer prominenter Gesichter - Laura Dern, Ashley Judd, Tim Roth, Naomi Watts und Michael Cera.
Großes Geheimnis
Kimmy Robertson (die piepsstimmige Polizeisekretärin Lucy Moran) sagt: "Es ist, wie einen Handschuh anzuziehen, den man vor 25 Jahren verloren hat. Man ist aufgeregt, und dann sitzt alles immer noch perfekt." Auch David Lynch, der das Format 1990 mit Mark Frost entwickelt hatte, wird erneut als FBI-Regionalleiter Gordon Cole zu sehen sein. Er war schon damals an den Ermittlungen zum Tod der örtlichen Schönheitskönigin Laura Palmer beteiligt gewesen.
Inhaltlich haben die Macher im Vorfeld so gut wie gar nichts bekannt gegeben. Hauptdarsteller MacLachlan antwortete bei Talkmaster Jimmy Fallon in dessen "Tonight Show" jüngst sehr höflich, aber zugeknöpft: "Ich könnte Ihnen etwas erzählen. Doch dann müsste ich Sie unverzüglich töten."
"So etwas haben Sie noch nicht im Fernsehen gesehen"
"Es geschieht wieder", heißt es unheilschwanger in der Ankündigung. Kurze Trailer zeigen sekundenlange Szenen im düsteren Zwielicht, drei vom Produktionssender Showtime veröffentlichte Videos erklären zur Verkürzung der Wartezeit das "Phänomen 'Twin Peaks'". MacLachlan schwärmte bei Fallon: "So etwas haben Sie noch nicht im Fernsehen gesehen, auch im Kino nicht. Es wird die Welt erschüttern."
Der Fairness halber weist ein Manager von Showtime darauf hin, dass es zum Verständnis aller Geheimnisse nicht reicht, die beiden ersten Staffeln gesehen zu haben. Man müsse auch den "Twin Peaks"-Kinofilm, ein Spin-off aus dem Jahr 1992, kennen: "Twin Peaks: Fire Walk With Me" ist im Rahmen einer am Freitag startenden David-Lynch-Retrospektive im Wiener Gartenbaukino zu sehen. Bis zum 7. Juni steht zudem auch der Film "Twin Peaks: The Missing Pieces" auf dem Programm, für den Szenen des originalen Films zu einem "companion piece" in Spielfilmlänge zusammengeschnitten wurden.
"Achtet auf den Donut, nicht auf das Loch"
Lynch gibt vor Start der dritten Staffel noch einen Rat: "Achtet auf den Donut, nicht auf das Loch." Apropos seltsam. Mit der Fortsetzung erhält eine der rätselhaftesten Szenen von "Twin Peaks" endlich einen Sinn. Cooper begegnet 1990 als gealterter Mann Laura Palmer und einem Kleinwüchsigen. Laura sagt zu ihm: "Wir werden uns in 25 Jahren wiedersehen." Und der kleine Mann ergänzt: "Deine Lieblingsserie kommt bald wieder in Mode."
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