Geld blieb liegen

Flüchtlings-Hotspots versinken im totalen Chaos

Ausland
24.05.2017 06:08

Was blieb von den als Sofortmaßnahme angekündigten Hotspots für Flüchtlinge in Italien und Griechenland, die mit viel EU-Geld illegale Einreisen und Chaos bei den Erstregistrierungen verhindern sollen? Nicht viel, kritisiert der EU-Rechnungshof in seinem neuen Sonderbericht.

Immer noch kommen Hunderte bis Tausende Menschen täglich über das Mittelmeer oder die Türkei an den EU-Außengrenzen an - die Entscheidungen sollen in den Erstaufnahmezentren in drei Varianten schnell ablaufen: Asyl in Italien oder Griechenland, weiter nach Norden und ins EU-Umverteilungssystem oder zurück ins Herkunftsland. Asylverfahren sind wegen der Uneinigkeit in der EU noch immer Nationalsache.

Hotspots und Kapazitäten: In Porto Empedocle und Augusta sind die Zentren noch nicht in Betrieb. (Bild: "Krone"-Grafik)
Hotspots und Kapazitäten: In Porto Empedocle und Augusta sind die Zentren noch nicht in Betrieb.

Hotspot-Errichtung dauerte viel zu lange
Doch Fakt ist: Die Einrichtung der Hotspots hat viel zu lange gedauert. Allein 2015 wurden exakt 1,822.337 illegale Grenzübertritte erfasst, die Auffangzentren sind aber erst ein halbes Jahr später in Betrieb genommen worden - und selbst im Februar 2017 waren noch immer nicht alle funktionsfähig. Die Grenzschutzagentur Frontex rückte an und unterstützt bei den Erkennungsdiensten, Europol befragt Migranten. So können zumindest die Fluchtrouten nachvollzogen und Schleppernetzwerke enttarnt werden.

Kein Standardverfahren in Griechenland
Griechenland hat erst im Juni 2016 den fünften Hotspot zum Laufen gebracht, in Italien sind zwei der sechs geplanten Hotspots noch immer nicht in Betrieb. Die Griechen haben außerdem noch immer kein Standardverfahren zur Registrierung, obwohl die EU das mehrfach hart einmahnte. Die Abwicklung läuft im Schneckentempo, Migranten müssen zuerst aufgrund des Türkei-Deals im Hotspot registriert werden, bevor sie weiter dürfen. Aus einigen Tagen werden so oft qualvolle Monate.

(Bild: APA/AFP/Andreas Solaro)

In Italien ist es nicht besser: Rund 70 Prozent der Flüchtlinge sind von Jänner bis Juli 2016 überall an den italienischen Küsten an Land gegangen, nur nicht bei den Anlegestellen der Hotspots.

Die Regierung ließ in ihrer Not an 15 Ausschiffungshäfen Einrichtungen bauen, um dort das Standardverfahren anzuwenden. Immerhin: Die Italiener konnten nach eigenen Angaben die Registrierungen mit Fingerabdrücken von rund 60 Prozent auf 97 Prozent bis Ende 2016 steigern. Im Umkehrschluss stellt sich die Frage, wo und wie sich die 40 Prozent unregistriert in Europa verteilen konnten.

Die Flüchtlingscamps in Italien sind heillos überfüllt - vor allem im Süden des Landes. (Bild: AFP)
Die Flüchtlingscamps in Italien sind heillos überfüllt - vor allem im Süden des Landes.

Weniger Geld geholt als freigegeben
Griechenland und Italien wollen zwar Hilfe von der EU, die auch Experten von Europol, Frontex oder European Asylum Support Office entsendet. Die anderen EU-Länder schickten aber anstelle der geforderten 74 nur 33 Fachleute, die dann nur für sechs Wochen oder kürzer vor Ort sind - den komplizierten Ausschreibungen der EU sei Dank.

Brüssel gewährte den Griechen über diverse Fonds mehr als eine Milliarde Euro zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, abgeholt wurden aber nur 448 Millionen. Italien hätte 656 Millionen zur Verfügung, kassierte aber nur 91 Millionen für Unterkünfte, Verpflegung, Gesundheit und Infrastruktur in den Hotspots.

Der absurde Grund: Wenn Projekte vom jeweiligen Land nicht kofinanziert werden, winken die Regierungen ab und holen das EU-Geld nur, wenn sie selbst nichts zahlen müssen. Zudem fehlt es an Leistungskontrollen, und wichtige Daten werden nicht weitergemeldet.

Minderjährige bleiben auf der Strecke
20.000 Kinder kamen allein in Italien bis September 2016 an, ihnen gebührt besonderer Schutz. Doch es gibt gravierende Platzprobleme: "Wir haben durch den Schlendrian ein Sicherheitsproblem, wir haben ein menschenrechtliches Problem, und wir haben kriminelle Strukturen, die daran verdienen. Damit wird täglich Leid erzeugt. Wenn wir an solchen Aufgaben scheitern, dann scheitert die EU", ärgert sich die Salzburger EU-Abgeordnete Claudia Schmidt. Sie wurde jetzt mit der politischen Aufarbeitung beauftragt. In Brüssel wird Österreich seit der Schließung der Balkanroute eine harte Politik zugetraut.

Claudia Schmidt (Bild: EPP Group/Martin Lahousse)
Claudia Schmidt

Michael Pichler, Kronen Zeitung

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