Ganz Europa ist derzeit als Ziel von Terroraktivitäten anzusehen - davor warnt nicht nur Abwehrstratege Johann Luif vom österreichischen Bundesheer, sondern auch der deutsche Terrorexperte Peter Neumann. Dabei wird die Situation zusätzlich durch gänzlich neue Horrorszenarien verschärft: "die dritte Dimension", nennt das Luif und meint damit etwa modifizierte Drohnen, die Sicherheitskontrollen zu ebener Erde einfach überfliegen und bei Attentaten eingesetzt werden.
"Auch der beste Schutz hat irgendwo Grenzen, nämlich dort, wo ich die erste Kontrolle durchführe", stellte Brigadier Luif, Experte für Terrorabwehr, klar. Denn auch vor diesem Checkpoint sammeln sich Menschen, die als potenzielles Angriffsziel für Terroristen gelten. Und die Terroristen würden bei solchen Großveranstaltungen stets versuchen, "Sicherheitslücken auszunutzen und so weit zu kommen wie möglich", sagte Luif.
Sprengkörper oder Giftgas kommen per Drohne
Luif erklärte zudem, dass selbst eine "hermetische Abriegelung" keine hundertprozentige Sicherheit garantiere. Der Terrorexperte weiß längst, dass die Terroristen aufrüsten und dabei in die "dritte Dimension" gehen. Gemeint sind damit insbesondere Bedrohungen aus der Luft.
Wie könnte so ein Schreckensszenario aussehen? Möglich wäre laut Luif etwa, dass Attentäter "mit Drohnen Sprengkörper oder Giftgas in die Stadien bringen" und dabei die Sicherheitskontrollen einfach überfliegen. "Das wird immer einfacher", so Luef.
"Vorfälle analysieren, Gegenstrategien entwickeln"
Beim Bundesheer reagiere man bereits auf diese neue Bedrohungslage. Es gebe zahlreiche Workshops in Kooperation mit dem Innenministerium, "um Vorfälle zu analysieren und Gegenstrategien zu entwickeln".
Dennoch: "Mit ruhigem Gewissen" könne Brigadier Luif sagen, dass die Nachrichtendienste - zumindest im Moment - "keine konkreten Hinweise auf Anschläge in Österreich haben". Das ist aber nur ein Aspekt, denn Gefahr drohe insbesondere von Einzeltätern. Diese würden laut dem Militärstrategen selbst entscheiden, wann sie zuschlagen: "Das ist nicht planbar."
Video: Experte Johann Luif im Talk
IS trotz Defensive höchst gefährlich
In dasselbe Horn stößt auch der deutsche Terrorexperte und OSZE-Sonderbeauftragte für den Kampf gegen Radikalisierung, Peter Neumann. Er warnte davor, dass sich die Terrorgefahr in Europa weiter verschärfen könnte. "Der IS ist in der Defensive, aber der größte Fehler, den wir machen könnten, wäre, zu sagen: Dieses Problem hat sich erledigt", so Neumann.
Paradoxerweise könne die Zerstörung des IS die Situation in Europa sogar problematischer machen, so Neumann. Denn der IS habe seine Anhänger bereits aufgerufen, in ihren Heimatländern Anschläge zu begehen - "und der letzte Anschlag (in Manchester, Anm.) hat nun etwas damit zu tun", so der Experte.
Steht weiterer Anschlag in Großbritannien unmittelbar bevor?
Daher befürchtet wohl auch die britische Premierministerin Theresa May, dass noch ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorstehen könne. Die Bedrohungslage wurde daher auf Basis der Ermittlungen als "kritisch" eingestuft, so May am Dienstagabend. Die britische Polizei habe auch Unterstützung durch die Streitkräfte beantragt.
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