Wut über tote Kinder
Schwester der Terror-Bestie: “Es war seine Rache”
Weil er gesehen hatte, wie Kinder im syrischen Bürgerkrieg starben, wollte er Rache nehmen und ebenfalls junge Menschen aus ihrem Leben reißen. Das zumindest glaubt die Schwester des 22-jährigen Islamisten Salman Abedi, der sich Anfang der Woche nach einem Ariana-Grande-Konzert in Manchester im Eingangsbereich der Konzerthalle in die Luft gesprengt hatte. 22 zumeist junge Menschen starben, an die 120 wurden verletzt.
Laut Jomana Abedi sei ihr Bruder "freundlich und liebevoll" gewesen. Dass er zu so einer Wahnsinnstat fähig war, könne sie sich nur dadurch erklären, dass er von seiner empfundenen Ungerechtigkeit getrieben worden sein könnte. "Ich glaube, er sah Kinder - muslimische Kinder - überall sterben und wollte Rache", sagte die Schwester des Manchester-Bombers dem "Wall Street Journal". "Er sah, dass die Amerikaner Bomben über Kindern in Syrien abwarfen, und wollte Rache. Ob er sie bekommen hat, das liegt zwischen ihm und Gott."
Britische Jugendliche töteten Freund Salmans
Als weiteres Rachemotiv für die Ermordung von 22 Menschen gelte, dass Abdul Wahab Hafidah, ein ebenfalls libyschstämmiger Freund Salman Abedis, britischen Medienberichten zufolge im Mai 2016 in Manchester von britischen Jugendlichen verfolgt und schließlich erstochen worden war. Die mutmaßlichen Mörder stehen derzeit vor Gericht. Wie aus dem Umfeld Abedis verlautete, löste die Tat unter jungen Libyern in Manchester - und insbesondere bei Salman Abedi - große Wut aus.
Familienmitglieder im Fokus der Ermittlungen
Allerdings gehen die Behörden nicht von einem Einzeltäter aus und vermuten ein regelrechtes Terrornetzwerk hinter dem 22-Jährigen, der sich in den vergangenen Jahren zunehmend radikalisiert hatte, sodass bereits Familienmitglieder Alarm schlugen - allerdings weitgehend ungehört. Zwar war Salman tatsächlich einige Zeit im Visier gewesen, in letzter Zeit war er aber nicht mehr regelmäßig überprüft worden - ein fataler Fehler, wie nun auf so tragische Weise aufgezeigt wurde.
Zehn Verdächtige sind mittlerweile festgenommen worden, zwei von ihnen sind wieder auf freiem Fuß. Im Fokus der Ermittlungen sind nun vor allem die Familienmitglieder des 22-Jährigen. So wurde der ältere Bruder Salmans, Ismail (23), in Manchester festgenommen, während der jüngere Bruder, Hachem (20), und der Vater der Brüder, Ramadan, in Libyen verhaftet wurden - der Vater sogar während eines Interviews mit der Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte der Vater noch gesagt, dass er "völlig geschockt" von den Taten seines Sohnes sei.
"Mein Sohn war genauso religiös wie jedes Kind, das seine Augen in einer religiösen Familie öffnet", so Ramadan. "Wenn wir über ähnliche Anschläge diskutiert haben, war er immer dagegen. Er sagte, dass es keine religiöse Rechtfertigung für so etwas gebe." Er verstehe nicht, wie der 22-Jährige "in einen Anschlag verwickelt werden konnte, der zur Tötung von Kindern geführt hat". Der Nachrichtenagentur in Tripolis habe der ehemalige Sicherheitsmann gesagt: "Wir glauben nicht daran, Unschuldige zu töten. Das sind wir nicht."
Beide Brüder gehören dem IS an
Dem gegenüber steht allerdings, dass sein jüngster Sohn, der bei ihm in Tripolis lebt und der ebenfalls seit Mittwoch in Haft sitzt, bereits zugegeben hat, dass sowohl er als auch der Manchester-Bomber der Terrormiliz Islamischer Staat - die sich mit der Tat brüstet - angehören würden. Zudem habe er seit mehr als einem Monat über den Anschlag Bescheid gewusst, sei während der Vorbereitungen sogar bei seinem Bruder in Manchester gewesen.
Zudem war der Vater in den 90er-Jahren selbst Mitglied einer radikalislamischen Gruppe gewesen, der "Libyschen Kampftruppe". 2011 kehrte er laut britischen Medien vom Vereinigten Königreich nach Libyen zurück, um an der Seite der Rebellen gegen den damaligen Machthaber Muammar al-Gadafi zu kämpfen. Sein Sohn Salman soll ihn laut "Wall Street Journal" begleitet haben. Anderen Berichten zufolge kehrte die Familie erst nach dem Sturz Gadafis nach Libyen zurück, als es sicher gewesen sei. Ramadan übernahm nach Angaben der libyschen Behörden einen Posten bei der Polizei in Tripolis.
Bombenwerkstatt in Abedis Wohnung
In Abedis Wohnung stieß die Polizei nach dem Anschlag auf eine regelrechte Bombenwerkstatt. Der 22-Jährige habe offenbar genug Chemikalien gelagert gehabt, um weitere Sprengsätze zu bauen. Ermittlerkreisen zufolge hat Abedi die Bombe wohl selbst hergestellt. Dem Nachrichtenportal "The Independent" zufolge wurden auch bei weiteren Razzien Materialien zum Bombenbau entdeckt. Ein verdächtiger Gegenstand sei kontrolliert zur Explosion gebracht worden.
Nach Angaben einer muslimischen Stiftung wussten die Behörden seit zwei Jahren von den extremistischen Tendenzen Salman Abedis. Ein Aktivist habe die Anti-Terror-Behörde zweimal über extremistische Äußerungen des Mannes informiert, sagte der Vorsitzende der Ramadhan Foundation, Mohammed Shafiq. Auch Familienmitglieder - unter ihnen angeblich sogar die Mutter - hätten den Behörden von Abedis Radikalisierung berichtet.
Video: Menschen in Manchester singen Oasis-Hit "Don't Look Back In Anger"
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