16 Jahre Haft wegen versuchten Mordes, Raubes und Vergehen gegen das Waffengesetz - so lautete am Mittwochabend das nicht rechtskräftige Urteil des Geschworenengerichts am Wiener Landesgericht für einen 27-Jährigen. Der Mann hatte im April des Vorjahres eine transsexuelle Prostituierte mit einem Messer niedergestochen. Dass sie den Angriff überlebte, war zu einem Gutteil Glück.
Der Arbeitslose hatte die Nacht mit Pokerspielen, Kokain und jeder Menge Alkohol verbracht. Allerdings dürfte er nicht so viel wie behauptet getrunken haben, sonst hätten sich die Getränke auf mehr als fünf Promille summiert. Eine Menge, die laut Gutachter Siegfried Schranz nicht nur eine lebensgefährliche Alkoholvergiftung bedeutet, sondern auch seine weiteren Aktivitäten verunmöglicht hätte.
Beschuldigter wollte sich an wenig erinnern
Denn der 27-Jährige marschierte in den Morgenstunden schnurstracks von Simmering nach Erdberg, um dort in einem Bordell mit der transsexuellen Besitzerin, einer mittlerweile 48-jährigen Kolumbianerin, handelseinig zu werden. Ausgemacht wurden Oral- und Analverkehr, wobei der Beschuldigte jeweils den passiven Part übernahm und laut den Aussagen des Opfers zweimal zum Orgasmus kam. An diesen Teil des Geschehens konnte oder wollte sich der 27-Jährige nicht erinnern. "Obwohl das Ihre 'Premiere' war, können Sie sich nicht daran erinnern, aber dass sie vorher drei Dosen Ottakringer gekauft haben, schon?", wunderte sich der vorsitzende Richter, Ulrich Nachtlberger.
Nachdem alles vorbei war, soll der Angeklagte in die Lade gegriffen und sich die 150 Euro, die er zuvor bezahlt hatte, wieder genommen und unmittelbar danach mit dem Messer zugestochen haben. Die elf Zentimeter lange Klinge drang fast sechs Zentimeter ein und verletzte die Leber glücklicherweise nur leicht. Anschließend ergriff der Angeklagte die Flucht und tauchte für acht Monate unter. "Weil ich noch mit meinen Eltern Silvester feiern wollte. Dann wollte ich mich stellen." "Daran haben Sie im April gedacht?", so die verblüffte beisitzende Richterin Eva Brandstetter.
Da das Messer am Tatort zurückgeblieben war, wurde der Verdächtige über die DNA-Spuren ausgeforscht, die aufgrund seiner Vorstrafen bereits in der Datenbank gespeichert waren. Im Jänner, Silvester war mittlerweile endgültig vorbei, wurde er in der Wohnung der Eltern gefasst, genauer gesagt, am Dach, wohin er über einen Balkon geflüchtet war.
"Zum Wurstschneiden brauchen's das aber nicht"
Sichtlich peinlich berührt, berief sich der teilgeständige Angeklagte auf durch Alkohol und Kokain ausgelöste Erinnerungslücken. Trotz dreier einschlägiger Vorstrafen, die u.a. ein Waffenverbot zur Folge hatten, war er mit einem martialisch aussehenden Springmesser unterwegs. "Zum Wurstschneiden brauchen's das aber nicht", meinte Richter Nachtlberger. "Nein, für Tschetschenen und Asylanten", argumentierte der Mann, der selbst Migrationshintergrund hat. "Aber gegen Tschetschenen haben Sie es nicht verwendet, sondern die Prostituierte ist zum Handkuss gekommen."
Neben den Gedächtnislücken verantwortete sich der Angeklagte damit, sich dunkel an einen Streit und eine "Panikreaktion" erinnern zu können. "Haben Sie sich so gefürchtet vor dem Ladyboy?", hinterfragte Nachtlberger diese Argumentation. Auch die Transsexuelle, ansonsten nicht unerfahren mit betrunkenen Kunden, hatte nichts davon bemerkt und sich ganz normal mit ihrem Freier unterhalten. Die 48-Jährige ist zwar weiterhin Besitzerin des Etablissements, hat aber nach dem Angriff ihren Beruf an den Nagel gehängt. Vielmehr strebt sie nun eine Karriere als Modell und Schauspielerin an. Zu diesem Behufe wäre sie kürzlich mit Robert De Niro in Italien gewesen.
Familie des Angeklagten machte ihrem Ärger Luft
Verteidiger Elmar Kresbach legte Nichtigkeit und Berufung ein, Staatsanwalt Bernhard Mascha gab keine Erklärung ab. Nach der Urteilsverkündung machte die Familie des Wieners mit serbischen Wurzeln aus ihrer Unzufriedenheit mit der Strafe kein Geheimnis und gab lautstarke Unmutsäußerungen ab.
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