"Girl in the Cellar"

Kampusch will vorerst nicht gegen Buch klagen

Österreich
30.11.2006 22:18
Gegen das an diesem Donnerstag in Großbritannien veröffentlichte Buch über Natascha Kampusch wollen die Anwälte der jungen Frau zunächst keine rechtlichen Maßnahmen einleiten. Dies betonte Kampuschs Anwalt, Gerald Ganzger, am Donnerstag. Voraussetzung allerdings sei, dass das Buch in Österreich nicht verbreitet werde.

Inzwischen sei das umstrittene Buch "Girl in the Cellar" auch bei dem Internet-Buchhändler Amazon nicht mehr erhältlich.

Die Anwälte hatten in den vergangenen Wochen allen Autoren und Verlagen mit Strafverfolgung gedroht, die in Büchern über die heute 18-jährige Natascha Kampusch unautorisiert über deren achteinhalbjährige Gefangenschaft bei ihrem Entführer und ihre Flucht vor drei Monaten berichteten. Kampusch hatte mehrfach betont, dass sie nicht wolle, dass über sie und ihre Beziehung zu dem Kidnapper geschrieben werde.

Klage gegen Vorabdrucke der "Times online"
Nach Angaben von Anwalt Ganzger werde man zunächst weiter darauf achten, wie der Verkauf des Buchs laufe. Bei 500 oder 2.000 verkauften Exemplaren werde man keinen Riesen-Prozess starten und dem Werk zusätzliche Werbung verschaffen, sagte der Jurist. Gegen die Vorabdrucke des Buchs auf der Homepage der "Times online" werde jedoch eine Klage nach dem österreichischen Mediengesetz vorbereitet.

Autoren des nicht autorisierten Werkes mit dem Titel "Girl in the Cellar - The Natascha Kampusch Story" sind die Briten Allan Hall und Michael Leidig.

Fragwürdige Vergleiche
Der großzügige Vorabdruck lässt bereits etliche Schlüsse auf den Inhalt des von Kampusch nicht genehmigten Buchs zu. Für 300 Seiten muss das britische Autorenteam allerdings gleich zu Beginn weit ausholen: Als Einleitung bemühen sie die Holocaust-Thematik und verweisen zuallererst auf die Historie von Strasshof mit Adolf Eichmann und Konzentrationslagern und ziehen Vergleiche zum Kellerverlies in der niederösterreichischen Ortschaft. 

Das Cover des Buches zeigt neben dem Haus des Entführers auch das bekannte Kinderfoto von Natascha Kampusch, das damals zur Fahndung an die Öffentlichkeit ging. In der Einleitung zitieren die beiden Autoren auch den Vater des Entführungsopfers, Ludwig Koch. Er habe ihnen erzählt, dass er "das niemanden wünsche, was er durchgemacht habe". 

Danach schreiben die Autoren von einer nicht näher benannten Quelle, aus dem Bekanntenkreis der Eltern, die ihnen gegenüber Spekulationen über eine möglichen Missbrauch der Eltern an ihrem Kind äußerte. Die unbenannte Quelle spricht über skandalöse Fotos, die er oder sie im Elternhaus des Entführungsopfers gesehen hätte und unterstellt dem Kampusch-Betreuer, Kinderpsychologe Max Friedrich, er habe "einen Fehler gemacht, die Bilder nicht weiter zu untersuchen".

Mix aus Fakten und wackeligen Analysen
Die britischen Autoren dürften mit vielen Vertrauten aus dem Umfeld der Kochs und Kampuschs gesprochen haben. Zitiert werden unter anderem die Nachbarin und ,mehrere jedoch namenlose "Vertraute". Die Autoren reichen jedem Zitat eine Analyse nach, die bisweilen recht spekulativ ausfällt. Mit der Aussage eines Bekannten, wonach ein Freund Ludwig Kochs den Entführer Wolfgang Priklopil gekannt habe, fragen sie nach einer möglichen Verbindung des Vaters zum Entführer. Aber auch namentlich genannte Personen äußern sich ähnlich.

Die Nachbarin, Anneliese Glaser, wird mit "Und ich bin mir sicher, dass sie (Kampuschs Mutter, Brigitte Sirny) den Entführer gekannt hat" zitiert. Den Autoren zufolge erzählte die Nachbarin, dass Priklopil mit einem gemeinsamen Bekannten Elektroarbeiten an einem früheren Geschäft von Sirny durchgeführt habe. Der Auszug endet mit dem Satz: "Der Plan, der in Priklopils Gedanken langsam gewachsen war, trug am 2. März 1998 Früchte. Für die nächsten 3.069 Tage sollte Natascha Kampusch vom Erdboden verschwunden bleiben."

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt