Unter dem Namen "BepiColombo" wollen Europa und Japan im Oktober 2018 gemeinsam eine wissenschaftliche Mission zum Merkur, dem sonnennächsten und zugleich kleinsten der acht Planeten, schicken. Aus Österreich stammen einige Messgeräte und die Lenkung für die Doppelsonde der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) sowie ihres japanischen Pedants, der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA).
Die Raumsonde mit ihren beiden Teilsonden wird sieben Jahre lang unterwegs sein. "Wenn die Satellitenmission 'BepiColombo' zum sonnennächsten Planeten Merkur geschickt wird, dann ist es das erste Mal, dass zwei Weltraumsonden zugleich zu diesem Planeten fliegen", erklärte Wolfgang Baumjohann, Direktor des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Gespräch. Die beiden Module, die mehr als ein Dutzend Messinstrumente an Bord haben, werden den Planeten von einander ergänzenden Umlaufbahnen aus beobachten.
Planet nur wenig größer als unser Mond
Merkur zählt zu den am wenigsten erforschten Planeten im inneren Sonnensystem. Denn laut ESA-Experten ist die Erforschung des Merkur wegen dessen Nähe zur Sonne äußerst schwierig. Bislang ist der Planet - der kleinste des Sonnensystems und mit einem Durchmesser von 4878 Kilometern nur wenig größer als der Erdmond - nur von zwei NASA-Missionen erreicht worden.
Bei einer mittleren Sonnenentfernung von 57,9 Millionen Kilometern beträgt Merkurs Umlaufzeit um die Sonne etwa 88 Tage, die Rotationsperiode 58,65 Tage. Die Kombination dieser Drehbewegungen führt dazu, dass der Wechsel zwischen Tag und Nacht ganze 176 Tage dauert. Das führt dazu, dass auf der Sonnenseite des Planeten Temperaturen von etwa 430 und auf der Nachtseite von minus 180 Grad Celsius herrschen.
Magnetometer vom Grazer IWF entwickelt
Die wichtigsten wissenschaftlichen Ziele der japanischen Sonde, des Magnetosphärischen Orbiters (MMO), sind aus der Perspektive von Baumjohann die Erforschung der Struktur und Dynamik der Magnetosphäre des Merkur. Das MMO-Magnetometer hat das Grazer IWF entwickelt und gebaut. "Bis in die 1970er-Jahre dachte man, der Planet hat überhaupt kein Magnetfeld. Nun weiß man, er hat eines, aber deutlich schwächer als das der Erde", wie Baumjohann schilderte. "Wir wollen besser verstehen, wie das Magnetfeld im Merkur überhaupt erzeugt wird und wie der dort noch sehr junge und ungestüme Sonnenwind mit ihm interagiert", so der Grazer Experte.
Für das Magnetometer auf dem europäischen Orbiter (MPO), der den Planeten relativ nahe umkreisen wird, hat das IWF wiederum das technische Management übernommen und die Hard- und Software der Datenverarbeitungseinheit entwickelt. Die Leitung lag in diesem Fall bei der TU Braunschweig.
Vom wissenschaftlichen Programm der Mission erwarten sich die Forscher revolutionäre Erkenntnisse über die Entwicklung von in der nächsten Umgebung der Sonne befindlicher Planeten und die Entstehung des Sonnensystems insgesamt. Der MPO fokussiert dabei auf die Oberfläche und die Exosphäre des Planeten Merkur.
Hohe Beteiligung von heimischer Weltraumindustrie
Abgesehen vom starken rot-weiß-roten Wissenschaftsanteil an der Mission gibt es auch eine hohe Beteiligung der heimischen Weltraumindustrie an "BepiColombo". Hauptauftragnehmer ist die Wiener Weltraumfirma Ruag Space, die mit der "Lenkung" für die Doppelsonde einen entscheidenden Beitrag für die Mission gebaut hat. Es handelt sich dabei um vier hochpräzise einstellbare Positionsmechanismen für die elektrischen Triebwerke der Sonde und die dafür notwendige Steuerelektronik. Die vier mit Sonnenenergie versorgten Triebwerke erzeugen für den nötigen Schub für die lange Reise zum Merkur.
Neben dem Lenksystem lieferte Ruag Space auch die Steuerungselektronik für die Solar-Paneele, diverse Testausrüstung und die Thermoisolation. Letztere ist besonders wichtig für die Hochtemperatur-Umgebung beim sonnennahen Merkur. Sie muss die Sonde vor Temperaturen von bis zu 400 Grad Celsius schützen. Neben Ruag Space hat auch Siemens Österreich Aufträge für Bodenequipment für "BepiColombo" erhalten, das bei Zusammenbau und Testung der Sonde zum Einsatz kam.
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