Hält die Bewilligung des Landes Salzburg für die umstrittene 380-kV-Freileitung? "Nein", davon sind die Gegner des Projektes überzeugt. Ab heute beginnt der Kampf der Gutachter zwischen APG, sowie betroffenen Gemeinden und Bürgerinitiativen. Letztere sind sich sicher: Die 380er-Leitung ist eigentlich überflüssig.
Dr. Rupert Haslinger von der Salzburger "Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien" ist ein entschiedener Gegner der geplanten Freileitung. Die Austrian Power Grid (APG) will mindestens 650 Millionen Euro investieren, zur - wie sie sagt -Versorgungssicherheit und weil die Leitung zum europäischen Stromhandel nötig sei. "Die enormen Kosten stehen aber in keinem Verhältnis dazu, um damit den Ökostromanteil bis 2030 um nur fünf Prozent anzuheben. Schon seit 2012 liegt der Ökostromanteil im Bundesland Salzburg ja bei 95%."
Pikant dabei: Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber machte den bayrischen Nachbarn das Angebot, im Zuge der Energiewende-Probleme 5200 Megawatt Kraftwerksleistung zur Verfügung zu stellen. Das entspricht der Leistung aller bayrischer AKWs: "Die Leitungen sind vorhanden, man müsste keine neuen bauen."
"Aus diesem Grund", so Dr. Rupert Haslinger, "wird die 220-kV-Leitung ab dem Knoten St. Peter (OÖ) auf deutscher Seite auch nicht auf 380-kV hochgerüstet."
Für ihn gibt es keine Notwendigkeit, die 380er-Leitung zu bauen, auch kein öffentliches Interesse, da sie aus energiewirtschaftlicher Sicht nicht notwendig ist.
Weil die Freileitung aber in den Netzentwicklungsplan 2013 aufgenommen wurde, darf der Betreiber die Errichtungskosten samt Zinsen auf die Stromkunden abwälzen: "Das ist für den Netzbetreiber risikolos, selbst wenn sich herausstellt, dass die Leitung dauerhaft nicht wirtschaftlich zu betreiben ist."
Denn, so Haslinger: Die Regulierungsbehörde E-Control gewährt auf das eingesetzte Kapital eine Verzinsung von 6,42 %. Eine sichere Verzinsung für eine Infrastruktur, die nicht in vollem Umfang benötigt wird: "Das stellt", so Dr. Haslinger, "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den einzigen wirtschaftlichen Grund dar, warum diese Leitung gebaut werden soll." Haslingers Gutachten wird von der Freileitungsgegnern beim Berufungsgericht vorgelegt.
INTERVIEW
Es fehlt Grundlage zum Leitungsbau - Franz Köck, Vizepräsident der IG Erdkabel, ist in Wien dabei: Österreich ignoriere viele Umweltabkommen, welche die Leitung unmöglich machten.
Herr Köck, sie sagen, dass ein derartiger Freileitungsbau, wie ihn der Verbund plant, eigentlich gar nicht durchführbar wäre?
"Weil Österreich Schlusslicht bei der Umsetzung internationaler Abkommen ist, ob bei der Rio-Deklaration oder dem Vertrag von Lissabon. Darin wird klar gesagt: Es genügt der Verdacht einer Gesundheitsgefährdung, um ein Projekt zu versagen."
Und dieser Verdacht ist bei der geplanten Freileitung gegeben?
"Der frühere Verbund-Vorstand Heinz Kaupa gab an, in 70 Meter Entfernung von der Leitung seien 1,46 Mikrotesla zu erwarten, ein aktuelles Gutachten der TU Gran spricht davon, dass maximal ein Mikro-Tesla überall eingehalten wird. Doch neue Studien belegen: Es gibt bereits oberhalb von 0,4 Mikrotesla einen Anstieg des Leukämierisikos."
Damit werden tolerierbare Werte praktisch überall überschritten?
"Ja, denn man darf nicht vergessen: In jedem Haushalt ist ja bereits eine Grundbelastung durch niedrigfrequente magnetische Felder vorhanden, das beginnt beim Küchenmixer und endet beim Fernsehapparat. Und das muss man ja alles mitzählen."
Wolfgang Weber, Kronen Zeitung
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