Präsident nun am Zug
Polen: Auch Senat stimmte Justizreform zu
Nach dem polnischen Parlament hat erwartungsgemäß auch der Senat den umstrittenen Regierungsplänen für eine Justizreform zugestimmt. Der Entwurf sei ohne Änderungen durchgewunken worden, meldete die polnische Nachrichtenagentur PAP in der Nacht auf Samstag. Jetzt muss nur noch Präsident Andrzej Duda unterschreiben.
Die Zustimmung des Senats galt als sicher, weil auch dort die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Mehrheit hat. Nach 15-stündiger Debatte stimmten 55 Senatoren für die Vorlage der Regierung. 23 Senatoren stimmten dagegen, zwei enthielten sich.
Durch Reform können Richter abberufen werden
Die Vorlage würde dem von der rechtsgerichteten Regierungspartei PiS gestellten Justizminister erlauben, Richter am Obersten Gericht abzuberufen und durch eigene Kandidaten zu ersetzen. Kritiker befürchten zudem, dass ein befangenes Oberstes Gericht künftig sogar Wahlen für ungültig erklären könnte. Die Opposition bezeichnete die Reform als "versuchten Staatsstreich".
Senat ignoriert Sanktionsdrohungen der EU-Kommission
Mit seinem Vortum ignorierte der Senat die Sanktionsdrohungen der EU-Kommission und zahlreiche warnende Stimmen im In- und Ausland, die um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz fürchten. Die EU-Kommission hatte Polen am Mittwoch mit Sanktionen gedroht, die bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen könnten. Anfang 2016 hatte sie bereits ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet. Das nun verabschiedete Gesetz ist nur eines von mehreren, mit denen die Regierung ihre Kontrolle über die Justiz ausbauen will.
Proteste während Abstimmung
Während der Debatte im Senat versammelten sich auch in der Nacht auf Samstag Regierungskritiker vor dem Parlament, um gegen das Gesetz zu demonstrieren. Sie riefen "Verräter", "Schande" und "Demokratie". Kritiker sehen in dem Gesetz einen Versuch der Regierung zur Untergrabung von Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit.
US-Regierung kritisiert Gesetzespläne
Kritik an den Plänen kam am Freitag auch von der US-Regierung. Die Gesetzesvorhaben der polnischen Regierung "scheinen die Unabhängigkeit der Justiz zu unterminieren und schwächen den Rechtsstaat in Polen", so das US-Außenministerium. Die Regierung müsse sich bei der Reform an internationale Rechtsstandards halten. Bislang hatten sich die USA mit Kritik an Polen zurückgehalten. Die rechtsnationalistische Regierung in Warschau sieht die Regierung des Rechtspopulisten Donald Trump als wichtigen Verbündeten. Trump hatte erst kürzlich einen umjubelten öffentlichen Auftritt in Warschau.
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