Bundeskanzler Christian Kern hat am Mittwoch bei einem Arbeitstreffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie den Regierungschefs von Tschechien und Slowakei einen Vorstoß für eine gemeinsame Strategie zu einer Änderung der EU-Entsenderichtlinie (Lohndumping) unternommen. Auch versuchte er, bei den drei Partnern auf die Folgen des Ausbaus der Atomkraft sowie eines tschechischen Atommüllendlagers an unserer Grenze hinzuweisen.
Der Kanzler hatte zum Salzburger Gipfel im Rahmen des "Austerlitz-Formats" geladen. Der Name ist im Zusammenhang mit dem Besuch des französischen Staatschefs nur ein historischer Zufall, hatte doch in der südmährischen Stadt Austerlitz im Jahre 1805 der französische Kaiser Napoleon Österreich vernichtend geschlagen. Hingegen hatten im Austerlitz des Jahres 2015 Tschechien, Slowakei und Österreich einen losen Interessenverband gegründet.
Bei diesem Gipfel unter anderem über die EU-Entsenderichtlinie ging es darum, die Positionen näher zusammenzuführen und einen Kompromiss zu finden, der dann EU-weit tragfähig sein könnte. Tschechien, Slowakei und andere Oststaaten stehen einer Änderung logischerweise skeptisch gegenüber. Kern hat Macron zu dem Treffen gewinnen können, da sich auch der französische Staatschef für eine Verschärfung einsetzt. Er macht die EU-Richtlinie unter anderem dafür verantwortlich, dass Franzosen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden. Die Richtlinie erlaubt es Unternehmen, Arbeitskräfte in ein anderes EU-Land zu billigeren Lohnkosten als dort zu entsenden.
Kultur als Hilfe bei der Sinnsuche
Präsident Macron verband seinen Konzertbesuch in Salzburg auch mit einem politischen Signal an die Öffentlichkeit zu Hause. Er setzt alles daran, vor allem die Jugend an "Frankreichs viele Kulturen" heranzuführen und sie allen zu öffnen: Kultur als Hilfe bei der Sinnsuche.
Dahinter steckt auch eine Überlegung Richtung Integration, wenn man an die trostlosen Ausländerghettos an den Stadträndern denkt. Mit einem "Kulturpass" soll unter anderem das Bewusstsein für eine gemeinsame Identität gestärkt werden. Jeder Jugendliche soll mit 18 Jahren einen Kulturpass im Wert von 500 Euro erhalten - nicht als Bargeld, sondern als App. Von dort kann er "höherwertige" Kulturveranstaltungen herunterladen.
Premierminister Edouard Philipe in der Regierungserklärung: "Auch die Kultur führt uns zusammen - was all jene hassen, die unser Land in den letzten Jahren mit blankem Terror mehrmals angegriffen haben. Sie hassen das alles, Zeichnungen, Bücher, Musik, die Theater, weil sie ganz genau wissen, dass es eine unerschöpfliche Quelle ist: für das Nachdenken, für die Emanzipation, für das Glück." Die Kulturministerin: "Arbeitslosigkeit, Klimawandel - die Jugend muss sich damit auseinandersetzen und ist dabei, grundsätzlich nach Sinn zu suchen - ihr muss man helfen."
Anti-Atom: Kern spielt Ball an ÖVP zurück
Zum Appell der Landeshauptleute Ober- und Niederösterreichs an Kern, er möge bei seinen Gesprächspartnern auf ein Ende des Ausbaus der Atomkraft hinwirken, meinte der Kanzler, die Aufforderung an ihn sei ehrend, aber die ÖVP hätte dazu schon auch längst ihren Außenminister mobilisieren können.
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung
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