Es klingt wie ein Hohn: Weil die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht abbricht, läuft die "Heranführungshilfe" in Milliardenhöhe "zur Förderung der Demokratie" weiter. Österreich ist mit der Forderung nach Verhandlungsabbruch allein geblieben, muss aber mitzahlen: 220 Millionen Euro.
Bei dem EU-Außenministertreffen in der estnischen Hauptstadt Tallinn war Europaminister Sebastian Kurz (ÖVP) trotz der Unterstützung durch Deutschland bei seinen EU-Kollegen abgeblitzt. Sie wollen Erdogan nicht verprellen. Der türkische Europaminister kehrte im Triumph nach Ankara zurück.
Milliarden fließen weiter
Die Frage, ob die Beitrittsverhandlungen - zumindest theoretisch - weiterlaufen oder nicht, ist aber nicht nur eine Frage der politischen Taktik. Hinter dieser Angelegenheit steckt viel Geld. Praktisch finden seit zwei Jahren keine echten Beirittsverhandlungen mehr statt, aber das Geld fließt unentwegt weiter. Ankara hatte von 2007 bis 2013 4,8 Milliarden Euro erhalten und erhält von 2014 bis 2020 4,5 Milliarden.
"Förderung von Demokratie"
Als "Förderungsschwerpunkt" gilt laut den EU-Beschlüssen "Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit". Das klingt angesichts der Willkürherrschaft Erdogans wie ein Hohn. Tatsächlich ist es eine EU-Subventionierung von Erdogans Diktatur, und der "Sultan" kann sich ins Fäustchen lachen. Er weiß: Er braucht sich gar nicht zu ändern.
Hintergrund: NATO-Interessen
Der Hintergrund von so viel EU-Zynismus: Die großen NATO-Staaten in der EU brauchen die Türkei als NATO-Stützpunkt - und Österreich ist zum Mitzahlen verpflichtet. Es sind etwa 220 Millionen von den insgesamt zehn Milliarden Euro "Heranführungshilfe". Österreich ist zu 2,2 Prozent Mitfinanzierer der EU.
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung
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