Trotz NATO-Kritik
Erdogan kauft bei Putin Raketenabwehrsystem
Seit dem Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Russland und der Türkei nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im Jahr 2015 hat sich das Verhältnis zwischen Moskau und Ankara erheblich gebessert. Mittlerweile blühen die Geschäfte zwischen den beiden Staaten. Vor Kurzem ist auch der größte Rüstungsdeal zwischen dem NATO-Mitglied und Russland unterzeichnet worden, was in der Allianz für Unmut sorgt. Ankara rüstet seine Streitkräfte nämlich mit dem russischen Raketenabwehrsystem S-400 aus.
Der Vertrag sei nun unterzeichnet worden, sagte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan laut türkischen Medienberichten. Seiner Kenntnis nach sei bereits eine Anzahlung erfolgt. Russlands Präsident Wladimir Putin und er selbst seien bei diesem Thema "entschlossen", sagte Erdogan und wies zugleich Kritik an dem Deal zurück.
Erdogan: "Sicherheitsmaßnahme, um unser Land zu verteidigen"
Niemand habe das Recht, unabhängige Entscheidungen zur Verteidigungsindustrie zu hinterfragen, sagte Erdogan den Medienberichten zufolge. "Wir treffen die Entscheidungen über unsere eigene Unabhängigkeit selbst. Wir sind verpflichtet, Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um unser Land zu verteidigen."
Die USA hatten bereits im Vorfeld das Projekt kritisiert. Vor allem wurde betont, dass jedes NATO-Mitglied nach Möglichkeit "vollständig kompatibles Material" haben sollte. Kein anderer Allianzpartner setze das russische S-400-System ein. Allerdings liege die Entscheidung über den Kauf militärischer Ausrüstung "bei den Alliierten", erklärte ein NATO-Vertreter gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Türkei und NATO: Eine langsame Entfremdung
Beobachter werten den Rüstungsdeal als weiteren Schritt einer Entfremdung der Türkei von der NATO. Allerdings könnte die Beschaffung des Abwehrsystems auch damit zu tun haben, dass die USA und Deutschland im Jahr 2015 die von dem Militärbündnis verwendeten Patriot-Raketen abgezogen hatten - trotz mehrmaliger Appelle Ankaras, gerade wegen des Syrienkrieges diesen Schritt zu überdenken.
In den vergangenen Monaten und Jahren haben sich die USA und Deutschland von der Türkei zunehmend entfremdet. Einerseits unterstützen die USA die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien, die die Türkei als Terrororganisation einstuft.
Andererseits will Washington einer Auslieferung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen nicht zustimmen. Ihm wird vorgeworfen, den Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 angezettelt zu haben.
Deutschland wiederum zog seine Aufklärungs- und Tankflugzeuge vom Luftwaffenstützpunkt im türkischen Incirlik als Reaktion auf den Dauerstreit mit Ankara um Besuchsrechte deutscher Politiker bei den Bundeswehrsoldaten ab. Zudem wurden deutsche Rüstungsexporte zu einem großen Teil auf Eis gelegt. Seit Jahresbeginn genehmigte die Bundesregierung in Berlin dennoch Rüstungsexporte in die Türkei im Wert von 25 Millionen Euro. Das geht aus einer Anfragebeantwortung des deutschen Wirtschaftsministeriums vom Montag hervor.
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