The Show Must Go On

IAA 2017: Das macht die Messe dieses Jahr aus

Motor
13.09.2017 00:04

Der Diesel in der Krise, das Elektroauto noch nicht ganz fertig. Und die Konkurrenz aus China und Kalifornien im Nacken. Für Europas Auto-Elite gab es sicher schon bessere Zeiten zum Feiern als auf der diesjährigen IAA. Von schlechter Stimmung ist in Frankfurt allerdings trotzdem nicht viel zu sehen - eine Automesse ist in erster Linie eine Show. Und die muss weitergehen, auch wenn Kundenklagen und Fahrverbote drohen.

So gibt es auch in diesem Jahr wieder Traumwagen wie das Mercedes-AMG-Hypercar Project One zu sehen, die die schattige Realität überstrahlen sollen. Der lang erwartete und erfolgreich geheim gehaltene Supersportwagen wird wohl zu einem der Publikumsmagneten der Messe avancieren. Auch weil man den rund 2,7 Millionen Euro teuren Extrem-Sportler mit Formel-1-Technik nach dem Start 2019 auf der Straße vermutlich nie zu sehen bekommen wird.

Etwas größere Chancen hätte man bei Autos wie Ferrari Portofino oder Bentley Continental GT - so geballt wie hier sieht man die Luxusautos und Boliden aber in freier Wildbahn nicht.

Kaufen sollen und werden die Bewunderer aber in erster Linie andere Autos, zum Beispiel einen der weiterhin zahllosen SUV-Debütanten. Der ungebrochene Boom schiebt diesmal vor allem kleine Modelle wie VW T-RocHyundai Kona, Seat Arona oder Citroen C3 Aircross ins Rampenlicht.

Dazu kommt Opels neues SUV-Flaggschiff Grandland X sowie Neuauflagen von Bestsellern wie BMW X3, Dacia Duster und Porsche Cayenne. Die Aufzählung ist längst nicht vollständig: Mehr als zwei Drittel der diesjährigen IAA-Premieren stammen aus dem SUV-Segment.

Die schicken Crossover sind immer noch die Cash-Cows der Branche und spülen nach wie vor viel Geld in die Kassen. Doch sie sind eine bedrohte Art, werden die schweren und durstigen Modelle doch klassischerweise von einem Diesel angetrieben - eben jenem Motor, der seit der Abgaskrise im Kreuzfeuer der Kritik steht. Damit die Diskussion um Luftqualität und Schadstoffemission den Umsatzbringer nicht am Ende ausbremst, bräuchte es eigentlich eine überzeugende Alternative zum Selbstzünder. Denn auch wenn die neuen Diesel endlich sauber sein dürften - ob und wie schnell sich der Selbstzünder von seinem öffentlichen Image-Verlust erholt, ist ungewiss.

Doch entsprechende Angebote findet der geneigte Kunde in Frankfurt nur vereinzelt. Auf Sparsamkeit getrimmte Downsizing-Benziner funktionieren höchstens in den kleinen Klassen, aufwendige Plug-in-Hybride sind jenseits der SUV-Oberklasse schlicht zu teuer und die sehnsüchtig erwarteten 48-Volt-Hybride mit ihrer relativ günstigen Spartechnik sind noch kaum zu bekommen.

Hoffnung könnte der Elektroantrieb machen. VW und Daimler haben im Vorfeld der Messe eine umfangreiche Stromer-Offensive angekündigt. Aber die versprochenen Autos sind in Frankfurt nur als Studien zu sehen.

Bis die fertigen Modelle auf den Markt kommen, vergehen noch Monate und Jahre. Der von VW präsentierte I.D. Crozz startet frühestens 2020, der kompakte Mercedes EQA soll auch erst dann beim Händler stehen und BMWs Tesla-Fighter wird sogar erst für 2021 erwartet.

Eindrucksvoll sind die gezeigten Studien durchaus - mit hohen Reichweiten, ausgefuchster Technik und zukunftsweisendem Design - doch als Kaufalternative für den von der Diesel-Diskussion verunsicherten Verbraucher taugen sie noch nicht.

Die Zeit drängt für die deutschen Hersteller: Newcomer wie Tesla und die chinesischen Hersteller drohen, die etablierten Marken zu überholen. Ob das klappt, bleibt natürlich abzuwarten. Aber selbst ein mögliches Scheitern von Teslas hochfliegenden Plänen oder die Tatsache, dass der China-Angriff schon bisher so oft ausgeblieben ist wie er angekündigt wurde, hebt die Stimmung in der Branche nicht wirklich.

Gut aufgestellt sind die Deutschen hingegen beim zweiten wichtigen Hightech-Thema der Messe, dem automatisierten Fahren. Audi zeigt mit dem A8 das wohl leistungsfähigste Roboterauto der Welt und demonstriert endlich mal wieder Vorsprung durch Technik, die überarbeitet Mercedes S-Klasse nimmt dem Fahrer nervige Autobahnetappen weitgehend ab und selbst der kleine VW Polo parkt und bremst zumindest situativ schon selbstständig. Dass nahezu jede gezeigte Studie ebenfalls ohne menschliche Hand am Lenkrad auskommt, ist selbstverständlich.

Wer als Besucher von der IAA Antworten auf die drängenden Fragen der Gegenwart erwartet, ist jedoch am falschen Ort. Ob der Diesel eine Zukunft hat, wird sich an andere Stelle entscheiden: in den Innenstädten von Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf und beim Autohändler. Zu sehen gibt es in Frankfurt aber, was wir in Zukunft fahren werden - oder von was wir gefahren werden. Die Lücke zwischen heute und morgen füllt die Branche zunächst aber mit der üblichen Traumwagen-Show.

(SPX/sms)

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(Bild: KMM)
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