Milliardengeschäft

Superreiche Russen und Ukrainer kaufen EU-Pässe

Ausland
18.09.2017 15:14

Mit "Goldenen Visa" zur "goldenen Nase": Die Regierung des EU-Mitgliedsstaates Zypern soll über Jahre hinweg Staatsbürgerschaften an russische und ukrainische Superreiche verkauft haben - und damit laut einem Bericht des britischen "Guardian" stolze vier Milliarden Euro eingenommen haben. Mit den zypriotischen Pässen können die Käufer - die jetzt erstmals namentlich genannt werden und von denen mehrere unter Korruptionsverdacht stehen - ohne Probleme in die EU einreisen und sich völlig frei innerhalb Europas bewegen.

Die Existenz sogenannter Goldener Visa ist seit Jahren bekannt und umstritten, da sie eine Eintrittskarte für alle EU-Länder sind - mit dem Recht, sich dort frei zu bewegen. Erstmals war die Praxis in Verbindung mit Zypern im Jahr 2013 in die Schlagzeilen geraten. Wie berichtet, bot der zypriotische Präsident Nikos Anastasiadis Ausländern, die durch die Bedingungen für die umstrittenen EU-Hilfen für Zypern Millionen verloren hatten, die zypriotische - und damit die europäische - Staatsbürgerschaft an. Sein Lockangebot galt vor allem den vielen reichen Russen, die sich auf der Mittelmeerinsel niedergelassen haben.

Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiadis und Russlands Präsident Wladimir Putin (Bild: AFP)
Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiadis und Russlands Präsident Wladimir Putin

Superreiche Passinhaber mit besten Verbindungen in die Politik
Der "Guardian" beruft sich in dem aktuellen Bericht nun auf geleakte Unterlagen, die Journalisten der renommierten britischen Zeitung eigenen Angaben zufolge einsehen konnten. Darin seien erstmals die Namen von Hunderten Personen aufgelistet, die über Zypern zu stolzen Inhabern von EU-Pässen geworden sind - unter ihnen Leonid Lebedew, ein ehemaliges Mitglied des russischen Parlaments und alleiniger Inhaber der Sintez-Gruppe. Das Unternehmen hat seine Finger im Energiesektor, in der Öl- und Gaserzeugung sowie in der Immobilienbranche und verbucht jährlich rund eine Milliarde Euro Umsatz.

Laut dem "Guardian" seien noch zahlreiche weitere russische und ukrainische Oligarchen mit exzellenten Verbindungen bis in höchste Regierungsstellen ihrer Länder auf der Liste. Einige der Superreichen stünden in ihren Ländern unter Korruptionsverdacht, heißt es in dem Bericht weiter.

Russischer Oligarch kaufte Putins Luxuspalast
Namentlich genannt wird vom "Guardian" der russische Oligarch Alexander Ponomarenko, der mit einem von "Forbes" geschätzten Vermögen von rund drei Milliarden US-Dollar zu den weltweit reichsten Russen zählt. Ponomarenko war 2011 in die internationalen Schlagzeilen geraten, als er unter fragwürdigen Umständen für umgerechnet 250 Millionen Euro Präsident Wladimir Putins Luxuspalast am Schwarzen Meer - inklusive Hubschrauberlandeplätzen, Spielkasino und Wellness-Oase - erwarb.

Eine Luftaufnahme zeigt das "Putin-Palast" genannte Luxusanwesen am Schwarzen Meer. (Bild: Twitter.com)
Eine Luftaufnahme zeigt das "Putin-Palast" genannte Luxusanwesen am Schwarzen Meer.

Auch Ihor Kolomojskyj und Gennadi Bogoljubow, Gründer der ukrainischen PrivatBank, finden sich in der Liste wieder. Die beiden Oligarchen zählen zu den reichsten Männern ihres Landes. Ihre PrivatBank musste 2016 vom ukrainischen Staat gerettet werden, den beiden Gründern wird vorgeworfen, illegal mehrere Milliarden Euro aus der Bank entnommen zu haben. Beide Männer bestätigten gegenüber dem "Guardian", Inhaber von zypriotischen EU-Pässen zu sein - und wiesen zugleich alle Korruptionsvorwürfe vehement zurück.

Die ukrainische PrivatBank musste 2016 vom Staat gerettet werden. (Bild: AFP)
Die ukrainische PrivatBank musste 2016 vom Staat gerettet werden.

In Zypern seien allein im vergangenen Jahr 400 solche Pässe vergeben worden, so der "Guardian". Seit 2013 habe die Regierung in Nikosia mit dem Verkauf der "Goldenen Visa" an Superreiche demnach mehr als vier Milliarden Euro eingenommen.

Zypern lässt sich EU-Pass 2 bis 2,5 Millionen Euro kosten
Die Antragsteller müssen im Austausch für einen Pass mindestens zwei Millionen Euro zum Beispiel in Unternehmen oder Staatsanleihen in Zypern investieren. Ein solches Unternehmen muss mindestens fünf EU-Bürger beschäftigen und vor dem Antrag bereits fünf Jahre lang existiert haben. Die Investition darf drei Jahre lang nicht wieder aus Zypern abgezogen werden. Dazu dann noch 500.000 Euro in Immobilien anlegen - und dem EU-Pass steht nichts mehr im Wege.

(Bild: cyprus-alliance.com, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Eine andere Möglichkeit ist, dass der Antragsteller "nur" in Immobilien investiert, dann aber mindestens zweieinhalb Millionen Euro in die Hand nimmt. Sprachkenntnisse oder ein fester Wohnsitz im Land seien hingegen nicht erforderlich. Der Passinhaber muss lediglich alle sieben Jahre nach Zypern einreisen, um die Staatsbürgerschaft behalten zu dürfen.

Die zypriotische Regierung bestätigte die Praxis zwar am Montag, die Vorwürfe, dass auch unter Korruptionsverdacht stehende Investoren aus Russland oder der Ukraine darunter sind, wurden jedoch nicht kommentiert. Ein hoher Vertreter des Innenministeriums in Nikosia erklärte lediglich: "Verurteilte Personen sind von diesem Programm von vornherein ausgeschlossen."

Mit der Kritik an der Praxis konfrontiert, teilte die Regierung des Inselstaates in einer Stellungnahme mit, dass das Finanzministerium vor der Ausstellung eines Passes strenge Geldwäsche-Checks durchführe. Der "Guardian" erinnerte indes daran, dass Zypern bereits vor 2013 auf Einzelfallbasis reichen Investoren eine Staatsbürgerschaft erteilt habe: unter ihnen etwa der Geschäftsmann Rami Makhlouf - ein Cousin des syrischen Diktators Bashar al-Assad und nach Ansicht seiner Gegner das Musterbeispiel für Raffgier und Korruption in Syrien. Makhloufs Staatsbürgerschaft musste nach Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges wieder annulliert werden.

Schlangen vor einer Bankfiliale: Bilder wie dieses aus Nikosia gingen 2013 um die Welt. (Bild: AFP)
Schlangen vor einer Bankfiliale: Bilder wie dieses aus Nikosia gingen 2013 um die Welt.

Zypern verweist auf ähnliche Praktiken "auch in anderen EU-Staaten"
Die zypriotische Regierung verwies zudem auf derartige Staatsbürgerschafts-Programme "auch in zahlreichen anderen Staaten der EU". Die Praxis der "Goldenen Visa" sei demnach nichts Neues. Auch in Portugal, Irland, Griechenland, Ungarn, Malta und Bulgarien bekämen Investoren EU-Pässe.

So verkauft Malta auf diese Weise pro Jahr etwa 1000 Reisepässe. Wobei die maltesische Staatsbürgerschaft deutlich günstiger ist als die zypriotische. In Malta muss man "lediglich" 650.000 Euro in einen nationalen Entwicklungs- und Sozialfonds, weitere 150.000 in Staatsanleihen sowie mindestens 350.000 Euro in eine Immobilie investieren.

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