Unter welch schrecklichen Umständen jene 71 Flüchtlinge gestorben sind, deren Tod nun im A4-Schlepperprozess im ungarischen Kecskemet aufgerollt wird, wurde am Mittwoch beim Verlesen des technischen Gutachtens eines österreichischen Experten deutlich. Es habe keine Beleuchtung und keine Haltegriffe im Laderaum gegeben, der nur von außen zu öffnen war. Der Sauerstoff für so viele Menschen im Laderaum habe höchstens für 30 Minuten gereicht, heißt es in der Expertise, aus der von Richter Janos Jadi zitiert wurde.
Bei den technischen und medizinischen Gutachten ging es um die Festlegung des Todeszeitpunkts der Migranten, die noch auf ungarischem Gebiet erstickt waren, sowie um den Zustand des Transportfahrzeugs.
Tote wiesen keine äußerlichen Verletzungen auf
Nach dem medizinischen Bericht eines ebenfalls österreichischen Sachverständigen haben die Opfer keine inneren oder äußeren Verletzungen aufgewiesen. Laut Untersuchungen sei eindeutig Sauerstoffmangel die Todesursache. Nach der Öffnung das Lkw und der Bergung der Toten seien Temperaturen zwischen 29 und 42 Grad Celsius gemessen worden. Mehrere Leichen seien mit freien Oberkörpern, ohne Strümpfe und Schuhe gefunden worden. Von den 71 Opfern konnten bisher 70 identifiziert werden.
Vor dem Gericht in Ungarn müssen sich seit 21. Juni mutmaßliche Mitglieder einer Bande für den Tod der Migranten verantworten. Den elf Angeklagten - einer von ihnen ist noch flüchtig - wird unter anderem qualifizierter Mord und Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, es drohen hohe Haftstrafen.
Nach Meinung eines Gerichtspathologen über den geistigen Zustand der Erst-, Zweit-, Dritt- und Viertangeklagten seien diese zur Tatzeit im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen und hätten die Folgen ihrer Tat durchaus ermessen können. Nach einer Verhandlungspause geht der Prozess am 2. Oktober weiter.
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