Gewalt in Katalonien
Madrid nach Referendum unter internationalem Druck
Spanien gerät nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Region Katalonien unter internationalen Druck: Die EU-Kommission und der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel riefen Madrid und Barcelona am Montag eindringlich zum Dialog auf, nachdem der Konflikt mit der Abstimmung am Sonntag eine neue Eskalationsstufe erreicht hatte. Unterdessen kam es in katalanischen Städten zu Massenprotesten gegen die Polizeigewalt.
Nach Angaben der Polizei gingen allein in Barcelona rund 15.000 Menschen auf die Straße. Die Demonstranten, unter ihnen viele Studenten, schwenkten katalanische Flaggen und hielten Schilder hoch, auf denen sie mehr Demokratie forderten. In Anspielung auf die frühere Diktatur in Spanien skandierte die Menge: "Das war unter Franco die Regel."
Die spanische Polizei war am Sonntag teils mit massiver Gewalt gegen das Referendum vorgegangen. Polizisten schlossen Wahllokale, beschlagnahmten Abstimmungsunterlagen und hinderten Menschen teilweise mit Schlagstöcken und Gummigeschossen an der Stimmabgabe. Nach katalanischen Angaben mussten sich mehr als 840 Menschen wegen der Polizeieinsätze medizinisch behandeln lassen. Dutzende Gewerkschaften und andere Organisationen riefen aus Protest gegen den Polizeieinsatz für Dienstag zu einem Generalstreik in Katalonien auf.
Rajoy will Unabhängigkeit Kataloniens verhindern
Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte das harte Vorgehen gerechtfertigt. Die Verantwortung für die Gewalt vom Sonntag liege "einzig und ausschließlich bei denen, die für den Bruch mit der Legalität und der Koexistenz geworben haben". Er kündigte an, eine Unabhängigkeitserklärung mit allen Mitteln zu verhindern. 90 Prozent der Wähler in Katalonien hatten laut Regionalregierung für die Loslösung der Region von Spanien gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Regionalregierung bei 42 Prozent.
UNO fordert unabhängige Ermittlungen nach Polizeigewalt
Die Vereinten Nationen forderten Madrid zu unabhängigen Ermittlungen zur Polizeigewalt am Sonntag auf. EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas rief dazu auf, "sehr schnell von der "Konfrontation zum Dialog überzugehen". "Gewalt kann nie ein Instrument der Politik sein", sagte Schinas. Seitens der EU wurde zugleich betont, das Referendum sei nach spanischem Recht "nicht rechtmäßig" gewesen. Die EU hatte sich aus dem Konflikt zuvor weitgehend herausgehalten, die Kommission war deshalb in die Kritik geraten.
EU-Ratspräsident Donald Tusk rief Rajoy am Montag dazu auf, die "weitere Anwendung von Gewalt" zu verhindern. Tusk erklärte am Montag auf Twitter, Rajoy bei einem Telefonat dazu aufgerufen zu haben, "Mittel zu finden, um eine erneute Eskalation und weitere Anwendung von Gewalt zu verhindern".
Auch der deutsche Außenminister Gabriel rief Madrid und Barcelona "dringend" zu Gesprächen auf, "um zu einer politisch tragfähigen Lösung zu kommen". Ein Sprecher teilte mit, die Bundesregierung in Berlin hoffe "auf eine schnelle Beruhigung der Lage, auf Grundlage des Rechtsstaates und des Dialogs, selbstverständlich im Rahmen der spanischen Verfassung".
Kurz pocht auf Rechtsstaatlichkeit
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) teilte mit, "dass derartige Fragen nur in einem demokratischen politischen Kontext, der auf Rechtsstaatlichkeit beruht, zufriedenstellend gelöst werden können". Er habe "volles Vertrauen in die demokratischen und juristischen Institutionen in Spanien" und deren Fähigkeit, eine "nachhaltige Lösung" herbeizuführen.
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