Vor 25 Jahren hatte sich auf der Ostautobahn A4 bei Göttlesbrunn-Arbesthal ein tödlicher Verkehrsunfall zugetragen - erst am Montag saß die Unfallverursacherin, eine 45-jährige Frau, deshalb in Wien vor Gericht. Sie war damals am Steuer gesessen, als sie aufgrund von Sekundenschlafs die Herrschaft über den Wagen verlor und der Pkw eine Mittelleitschiene durchstieß. Während ihre Eltern, ihr Bruder sowie sie selbst beinahe unverletzt blieben, starb ihre damals 19 Jahre alte Schwester.
Der Grund für die überaus lange Zeitspanne zwischen Unfall und Gerichtsprozess ist rasch erklärt: Die Justiz benötigte schlichtweg ein Vierteljahrhundert, um der Frau einen auf fahrlässige Tötung lautenden Strafantrag zuzustellen. Die Zahnarzthelferin war nach dem Unfall innerhalb Deutschlands umgezogen, hatte sich allerdings vorschriftsmäßig ab- und an der neuen Anschrift angemeldet.
Richterin Julia Matiasch, die nun im Grauen Haus den Akt auf den Tisch bekam und die mit der Verzögerung nicht das Geringste zu tun hatte, ließ in der Verhandlung durchblicken, dass es durchaus möglich gewesen wäre, die Sache in strafrechtlicher Hinsicht wesentlich rascher zu erledigen.
Mit Tempo 130 Leitschiene durchstoßen
Die Angeklagte befand sich in der Nacht auf den 25. Juli 1992 mit ihrer ursprünglich aus Serbien stammenden Familie auf der Durchreise. Auf der A4 nickte sie in Fahrtrichtung Budapest im Gemeindegebiet von Göttlesbrunn-Arbesthal im Bezirk Bruck an der Leitha kurz ein. Der Pkw geriet bei Tempo 130 ins Schleudern, durchstieß die Mittelleitschiene und kam am rechten Fahrbahnrand zum Stillstand. Während die Lenkerin, ihre Eltern und ihr Bruder beinahe unverletzt blieben, kam ihre Schwester ums Leben.
"Diesen Verlust werde ich nie verkraften"
Der mit der Bahn aus Deutschland angereisten Angeklagten kamen die Tränen, als sie vom Unfall erzählte. "Es ist 25 Jahre her", schluchzte sie. Nach rund einstündiger Fahrt sei sie damals für ein paar Sekunden weggedämmert. Den Tod der Schwester hat sie bis heute nicht überwunden: "Diesen Verlust werde ich nie verkraften. Das hat mich jetzt wieder eingeholt."
Die Richterin hielt es für nicht notwendig, der bisher unbescholtenen Frau, die sich auch nach dem Unfall nie etwas zuschulden kommen lassen hat, zusätzlich eine Strafe aufzubrummen. Mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft wurde die Causa diversionell erledigt. Die Richterin bestimmte ohne weitere Auflagen eine einjährige Probezeit. Wenn die 45-Jährige innerhalb dieser Frist weiter gegen keine Gesetze verstößt und die Pauschalkosten von 100 Euro bezahlt, ist das Strafverfahren endgültig vom Tisch.
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