Paukenschlag nach der Angelobung der neuen österreichischen Bundesregierung am Montag: Israel hat angekündigt, sämtliche Regierungsmitglieder der FPÖ vorerst zu boykottieren. Der Umgang mit der neuen Regierung soll vom israelischen Außenministerium neu bewertet werden, bis dahin soll es nur "Kontakte zu den Beamten in den Ministerien, in denen ein FPÖ-Minister an der Spitze steht", geben, hieß es in einer Aussendung der israelischen Botschaft in Wien.
Laut Online-Informationen des "Standard" ist von dem Boykott auch die parteifreie neue Außenministerin Karin Kneissl betroffen, die auf einem FPÖ-Ticket ins Außenministerium zieht. Damit bleibt Israel vorerst bei seiner Linie, offizielle Kontakte zu FPÖ-Politikern abzulehnen. Premier und Außenminister Benjamin Netanyahu habe "den Generalsekretär des israelischen Außenministeriums angewiesen, eine professionelle Bewertung über die Art und Weise der Kontakte gegenüber der neuen Regierung vorzunehmen", hieß es in dem offiziellen Statement. Zum neuen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) soll es dagegen weiterhin direkte Kontakte geben, wurde betont.
Kurz und Strache reagieren gelassen
Kurz und sein Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) reagierten am Montagabend im "ZiB"-Interview betont gelassen auf die israelische Reaktion. Kurz erklärte, er wolle die Bedenken ausräumen. Er habe "vollen Respekt" für diese Entscheidung, zeigte sich aber "optimistisch, dass wir diese Bedenken ausräumen können". Er habe bereits mit der israelische Botschafterin Talya Lador-Fresher telefoniert und für Dienstag ein Treffen vereinbart, so Kurz.
Strache verwies darauf, dass die Reaktionen im Jahr 2000 wesentlich schärfer gewesen seien - damals war der israelische Botschafter aus Protest gegen die blaue Regierungsbeteiligung abgezogen und der Kontakt zur Regierung generell eingestellt worden. Das sei jetzt nicht der Fall, es werde weiterhin Kontakt zu den FPÖ-geführten Ministerien auf Verwaltungsebene geben. Und der FPÖ-Chef versicherte, dass man einen "ehrlichen, nachhaltigen, freundschaftlichen Kontakt" pflegen wolle - und seine Partei im Kampf gegen den Antisemitismus "einer der wesentlichen Vertreter" in Österreich und in Europa seien.
UN-Kommissar: Türkis-Blau ist Gefahr für Europa
Zuvor hatte bereits der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Türkis-Blau als Gefahr für Europa kritisiert. Der Antritt der ÖVP-FPÖ-Regierung sei eine "gefährliche Entwicklung im politischen Leben Europas", sagte Said Raad al-Hussein am Montag. Er sei "sehr besorgt". Hussein kritisierte insbesondere, dass Kurz in der Migrationspolitik Positionen von Kräften am rechten Rand übernommen habe.
EU-Linksfraktion bringt erneute Sanktionen ins Spiel
Angesichts der neuen Regierung hatte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bereits am Sonntag mit Blick auf europäische Werte zur "Wachsamkeit der Demokraten" aufgerufen. Zwar sei die Lage "wahrscheinlich anders" als im Jahr 2000, als die ÖVP mit der FPÖ unter ihrem damaligen Vorsitzenden Jörg Haider schon einmal eine Koalition gebildet hatte, doch "extreme Rechte an der Macht sind niemals harmlos", so der Franzose. Die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament teilte am Montag gar mit, dass man sich wieder Sanktionen gegen die österreichische Regierung vorstellen könne.
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