Die Kryptowährung Bitcoin ist der Überflieger des Jahres 2017. Selbst Privatanleger stecken mittlerweile Geld in die früher nur bei Computernerds bekannte Devise. Das fast 2000-prozentige Kursplus auf knapp 20.000 US-Dollar (16.956 Euro) ruft allerdings Politiker und Aufsichtsbehörden rund um den Globus auf den Plan, die den bisher völlig unregulierten Handel zügeln wollen. Angesichts des wachsenden Interesses von Notenbanken fragen sich Beobachter: Schaffen die Staaten bald ihre eigenen Bitcoin-Konkurrenten?
So soll es etwa in der EU strengere Regeln für Handelsplattformen geben, auf denen Kryptowährungen gehandelt werden. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire will die Regulierung des virtuellen Geldes sogar auf die Agenda des kommenden G-20-Gipfels im April setzen. Gleichwohl schließen Marktteilnehmer nicht aus, dass der Bitcoin-Preis weiter steigt. Analysten der Saxo Bank halten einen Kurs von 60.000 US-Dollar für möglich.
Wie greift der Staat in Kryptowährungen ein?
"Die wesentlichen Faktoren für die zukünftige Entwicklung von Kryptowährungen bestehen darin, wie der Staat in die Entwicklung eingreift", erklärt Christian Nolting, Investmentchef der Deutschen Bank Wealth Management. Bereits im Herbst hatten Aufsichtsbehörden in China dem Handel mit Kryptowährungen ohne Vorwarnung einen Riegel vorgeschoben. Einige Betreiber von Krypto-Börsen warfen daraufhin das Handtuch. In Südkorea, einem der weltweit größten Märkte für virtuelles Geld, ist sogar ein komplettes Verbot im Gespräch. "Sollte tatsächlich ein Verbot ausgesprochen werden, könnte dies für große Ernüchterung in der digitalen Währungswelt sorgen", ist sich Timo Emden, Deutschland-Chef des Onlinebrokers DailyFX, sicher. "Dies wäre als klarer Rückschritt zu werten."
Besonders eindringlich vor Bitcoin warnte der Notenbank-Chef Dänemarks, Lars Rohde: "Bleiben Sie weg. Das ist tödlich", sagte er dem dänischen Radiosender DR. Falls jemand sich entschließe, diese Warnung zu ignorieren, sei er ziemlich auf sich allein gestellt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht in Kryptowährungen zwar keine Gefahr für die Geldpolitik. Jedoch seien große Bewertungsrisiken mit ihnen verbunden, sagte auch SNB-Präsident Thomas Jordan unlängst. "Es ist mehr eine Frage des Schutzes der Anleger als eine Frage der Geldpolitik."
Bitcoin-Crash hätte schwerwiegende Folgen
Kritiker befürchten, dass ein Bitcoin-Crash weite Kreise ziehen könnte. So kommt eine Untersuchung der Anglia Ruskin University, des Trinity College Dublin und der Dublin City University zu dem Schluss: Sollte die Spekulationsblase der Kryptowährungen platzen, könne die Verkaufswelle auf die traditionellen Finanzmärkte überschwappen. Auch die seit Dezember handelbaren Bitcoin-Future seien nicht ohne Risiko für die Wirtschaft, warnt der Chef des Handelshauses Interactive Brokers, Thomas Peterffy. Sollten durch hohe Schwankungen bei den Terminkontrakten Derivate-Häuser ins Straucheln geraten, könnte das eine Lawine auslösen und die Realwirtschaft destabilisieren.
Philipp Sandner, Professor am Frankfurt School Blockchain Center, verweist dagegen auf den mit insgesamt 618 Milliarden Dollar relativ geringen Marktwert der mittlerweile fast 1400 verschiedenen Kryptowährungen. "Das Gesamtvolumen der Internet-Blase Ende der 1990er Jahre war 20 bis 30 Mal höher." Auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wird auf das bisher eher geringe Marktvolumen der Cyberwährungen hingewiesen. Die EZB verfolge ihre Entwicklung aber genau, da sie sich sehr schnell verbreiten könnten, räumt EZB-Direktor Benoit Coeure ein. "Vor allem in Ländern, die sich von Münzen und Banknoten wegbewegen."
Zentralbanken sehen sich neue Konkurrenz genau an
Geld ist die wichtigste Domäne der Zentralbanken. Sie schauen genau hin, wenn plötzlich private Konkurrenz erwächst. Eine mögliche Reaktion: Notenbanken könnten versuchen, eigene Cyberdevisen zu schaffen. Vereinzelt geschieht das schon. So untersucht etwa Schwedens Notenbank die Entwicklung einer digitalen Krone, der "eKrona". Auch Australiens Notenbank steht derartigen Ideen offen gegenüber.
Für Volkswirt Guido Zimmermann von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) spricht einiges für elektronische Währungen, die von Zentralbanken herausgegeben werden. "Es ist davon auszugehen, dass die privaten Haushalte eher diese digitalen Währungen nutzen werden, wenn sie erst einmal auf dem Markt sind, als Bitcoin", schreibt er in einer Studie. Dann wäre Bitcoin eher ein Tauschmedium für Firmen und institutionelle Investoren, für die aber ein Reputationsrisiko bestehe, sollten etwa Fehler bei der Abrechnung durch Bitcoin auftreten.
Digitales Bargeld wäre Gefahr für Finanzstabilität
Bei der Bundesbank in Frankfurt ist man aber eher skeptisch, was digitales Zentralbankgeld angeht. Von digitalem Bargeld könnten erhebliche Konsequenzen für das Finanzsystem und die Finanzstabilität ausgehen, warnt Carl-Ludwig Thiele, zuständig für Bargeld und Zahlungsverkehr bei der Notenbank. "Deshalb ist die Emission digitalen Zentralbankgeldes aus unserer Sicht in einem vorhersehbaren Zeitraum keine realistische Option." Ein Grund: In Schweden werde echtes Bargeld kaum noch akzeptiert - für Deutschland und den Euroraum gelte dies aber nicht.
Selbst die technikverliebten Japaner nutzen traditionelles Geld lieber als Bitcoin, wie der japanische Finanzminister Taro Aso einräumte. Dabei hat das Land Bitcoin im Frühjahr als offizielles Zahlungsmittel anerkannt.
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