Der neue Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Norbert Hofer (46), spricht mit Conny Bischofberger über die Rettung von FlyNiki, Tempo 160 auf Autobahnen, seinen privaten Fuhrpark und einen politischen Traum.
Er hat zwei Tage nach der Angelobung bereits Schlagzeilen gemacht: Norbert Hofer kündigte die Einführung von Rechtsabbiegen bei Rotlicht auf Straßenkreuzungen an und meinte zu ÖBB-Aufsichtsratschefin Gitti Ederer, man müsse schon verstehen, dass er lieber Leute dort sitzen hätte, denen er vertraue. "Es hat mittlerweile mit Frau Ederer ein klärendes Gespräch gegeben", beruhigt der neue Verkehrsminister beim Treffen mit der "Krone".
In den Räumlichkeiten seines Vorgängers, im achteckigen Czernin-Bau in der Wiener Radetzkystraße, werden frische Bananen serviert. Der Chef ist gerade von einem späten Nachmittagstermin zurückgekehrt. Es herrscht eine vergnügte Stimmung, "wir sind hier alle per Du", betont der Neo-Minister. Er sei niemand, der die Nase oben trage, sobald er in eine neue Funktion gekommen sei, sondern einfach "der Norbert". Wenige Stunden zuvor saß ihm am großen Besprechungstisch, wo das Interview stattfindet, auch der Flugunternehmer Niki Lauda gegenüber.
"Krone": Herr Minister, haben Sie sich schon gewöhnt an das hässlichste Ministerium von allen?
Norbert Hofer: Wissen Sie was? Ich fühle mich hier wirklich wohl. Das Gebäude mag von außen vielleicht nicht so schön sein, aber in den Büros kann man wirklich gut arbeiten. Es ist alles hier, was man braucht, ich bin hochzufrieden.
Motto: Der Blick auf ein schönes Nachbarhaus ist oft wichtiger als die Fassade des eigenen Hauses?
Ja genau, das ist wie beim Menschen. (lacht) Ich fühle mich hier aber auch inhaltlich sehr wohl. Das ist ein Arbeitsbereich, wo mir das Herz aufgeht. Es macht wirklich einen Riesenspaß.
Was prädestiniert Sie für das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, genannt BVIT?
Ich habe heute bei den Besprechungen gemerkt, dass mir die Fachbereiche sehr vertraut sind. Ich habe ja eine Ausbildung zum Flugtechniker gemacht, war auch bei einer Fluggesellschaft beschäftigt, zuständig für Engineering bei Triebwerken und Hilfsgasturbinen. Später habe ich auch meine Wartungslizenzen gemacht und Bücher veröffentlicht über Umweltpolitik und Energie. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass wir genau in diesem Bereich einen technologischen Umbruch erleben werden: durch das autonome Fahren, durch neue Formen der Mobilität, mit multimodularen Systemen. Immer, wenn in der Geschichte im Bereich Verkehr und Transport etwas Neues erfunden worden ist, hat sich die ganze Welt verändert. Das ist jetzt genauso.
Sie klingen, als wäre es der Job Ihres Lebens. War das Ihr Wunschressort oder ist es Ihnen zugefallen?
Es war mein Wunsch, ich habe von Anfang an gesagt: Wenn ich in eine Regierung gehe, dann in dieses Ressort.
Sind Sie auch wie Heinz-Christian Strache in ein verwaistes Büro gekommen?
Im Gegenteil. Mein Eindruck bei der Vorstellung und bei den ersten Gesprächen war, dass Parteipolitik hier keine große Rolle spielt. Da wollen einfach alle inhaltlich zusammenarbeiten, das ist großartig. Auch mit dem Herrn Ex-Bundesminister Leichtfried ist alles in Ordnung, es gab eine feierliche Übergabe und sogar Geschenke.
Was haben Sie bekommen?
Eine ÖBB-Mütze in Rot. Und er bekam von mir ein Verkehrsschild mit einer Dampflok drauf, weil er auch im Parlament in seiner neuen Tätigkeit den Verkehrsbereich betreuen wird.
Werden Sie als Verkehrsminister bald im Tesla unterwegs sein?
Elektroauto fahre ich nicht, aber einen Elektro-Scooter, mit dem ich vor zwei Tagen zu einer Sitzung gefahren bin, was für ziemlich große Aufregung gesorgt hat. Und ich habe ein Elektrofahrrad in Pinkafeld. Ich sehe dadurch eine Riesenchance im urbanen Bereich. Wenn Sie mit dem Auto in der Stadt sind, stehen Sie doch meistens nur.
Warum kein normales Rad?
Ich habe auch normale Räder, die stehen in Pinkafeld. Ich bin überhaupt ein Fahrradfreak. Früher war ich Leichtathlet, das geht nach meinem Unfall nicht mehr, deshalb habe ich mir ein E-Mountainbike gekauft. Jetzt fährt meine Frau mit dem und ich fahre mit dem normalen Mountainbike, so können wir im Sommer gemeinsam Touren machen.
Noch andere Fahrzeuge?
Ein gemeinsames privates Auto, ein Roller, ein Puch Maxi und es gibt eine Puch MS 50 aus den 50er-Jahren. Und einen Streetstepper, einen Bob und ein Modellflugzeug. (lacht) Also alles, was sich bewegt, ist meins.
Werden Sie künftig auch mit der Bahn fahren?
Von Pinkafeld nach Wien haben wir ein Problem, weil da im Moment keine Bahn fährt. Aber ich werde andere Strecken mit der Bahn zurücklegen, ich werde Strecken auf dem Wasser zurücklegen und ich werde einige Strecken selbst mit einer kleinen Cessna zurücklegen. Nur bei längeren Flügen tu ich mir in der Economy schwer mit meiner Verletzung, das geb' ich offen zu. Aber es werden nicht so viele Fernreisen sein.
Sie haben schon viel Staub aufgewirbelt mit der Idee von Tempo 160 auf Autobahnen und mit dem Rechtsabbiegen bei Rot an der Kreuzung. Ist das eine Neuinterpretation Ihrer Aussage: "Sie werden sich noch wundern"?
Ich bin extrem vorsichtig mit all diesen Maßnahmen. Wir haben im Programm stehen, dass wir es testen wollen. Das heißt nicht, dass es sicher kommt. 160 auf Autobahnen kann ich mir zum Beispiel nicht vorstellen, eher 140. Und nur, wenn es dadurch kein höheres Unfallrisiko gibt.
Für die Umwelt ist es auf jeden Fall schlecht.
Die Frage wird sein: Wie schnell entwickeln wir alternative Antriebsformen? Es wird sich irrsinnig viel tun auf diesem Sektor, also sollten wir openminded sein für Neues und dann entscheiden.
Was haben Ihre Gespräche mit Niki Lauda ergeben, wird es noch eine österreichische Lösung geben für FlyNiki?
Also zunächst muss alles streng nach den Buchstaben des Gesetzes erfolgen, auch Europarecht eingehalten werden. Der Masseverwalter muss die Angebote prüfen. Aber dass ich natürlich eine Freude hätte, wenn das Headquarter von FlyNiki hier in Österreich bliebe und wenn die Arbeitsplätze erhalten blieben, das ist wohl kein Geheimnis. Ich würde mir das wirklich sehr wünschen.
Spielt Ihr Verhältnis zu Niki Lauda dabei eine Rolle? Sie haben ja bei Lauda Air gearbeitet. Und er ist für Sebastian Kurz im Wahlkampf aufgetreten.
Ja, aber wir sind erst seit heute per Du. Und Sie wissen auch, dass Niki Lauda sich im Präsidentschaftswahlkampf für Van der Bellen eingesetzt hat. Also kann wenigstens niemand den Verdacht haben, hier wäre irgendeine Freunderlwirtschaft im Zentrum des Gesprächs gewesen.
Wären Sie dafür, dass Lauda die Airline übernimmt?
Ich wäre froh, wenn das Headquarter hier in Österreich ist, wenn die Arbeitsplätze erhalten bleiben und dass Niki Lauda Kraft seiner Persönlichkeit jemand ist, der auch Menschen begeistern kann, das habe ich selbst erlebt.
Die Frage wird doch sein, ob der Staat auch bereit wäre, mit Geld einzuspringen.
Ich glaube gar nicht, dass es letztlich darum gehen wird. Am Schluss wird jene Person die Airline bekommen, die die rechtlichen Voraussetzungen am besten erfüllt und die das beste Konzept für die Zukunft des Unternehmens hat.
Herr Hofer, in den sozialen Netzwerken verbreiten die Gegner dieser Regierung beinahe Weltuntergangsstimmung. Mehr als 5000 Menschen haben am Montag gegen Türkis-Blau demonstriert. Können Sie das nachvollziehen?
Man muss unterscheiden zwischen jenen, die eine andere Partei kritisch sehen, und jenen, die auf sehr aggressive Weise gegen unsere Politik demonstrieren. Da waren sehr beleidigende Transparente dabei. Ich lehne das aus tiefstem Herzen ab. Ich kenne niemanden aus meiner Partei, der dagegen demonstriert hätte, dass Van der Bellen Bundespräsident geworden ist. Demonstrieren darf man natürlich, aber auf einer Ebene, auf der man niemanden beleidigt oder Gewalt ausübt.
"Nazis raus!" stand auf vielen Transparenten.
Ich finde das sehr schade, weil das ist eine böse Form der Verharmlosung. Man muss sich vorstellen, da gibt es Millionen von Opfern und deren Nachkommen, diese Menschen sind umgebracht worden von den Nationalsozialisten, und dann werden Politiker aus der Jetztzeit mit diesem mörderischen Apparat verglichen. Ich finde das ganz fürchterlich und verantwortungslos, es ist sogar extrem dumm. Wer so etwas tut, tut der Demokratie nichts Gutes.
Sie haben mehrfach angekündigt, bei der nächsten Bundespräsidentenwahl wieder anzutreten. Wollen Sie nach wie vor Bundespräsident werden?
Ich würde wirklich immer noch gerne bei der nächsten Bundespräsidentenwahl antreten, ja. Aber ehrlich gesagt habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht, ob sich das zeitlich ausgehen würde mit dem Ministeramt.
Käme es auch infrage, wenn Sie als Verkehrsminister zurücktreten müssten?
Ich bin gerade in dieses Amt gekommen und werde jetzt nicht sagen: Ja, in vier Jahren trete ich zurück. Ich will mich voll und ganz auf meine Aufgaben konzentrieren, aber ich kann mir wirklich vorstellen, irgendwann wieder für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren. Ob das schon das nächste Mal ist, das wird man sehen.
Und können Sie sich auch vorstellen zu gewinnen?
Ja, sonst würde ich nicht antreten. Überzeugt kann man natürlich nicht sein. Rein theoretisch kann zum Beispiel eine ganz tolle Persönlichkeit als Mitbewerber für eine andere Partei antreten. Das weiß man nicht. Aber probieren würde ich es gern. Ich habe schließlich ein Alter, wo das Ende meiner beruflichen Tätigkeiten noch nicht ganz nahe herangerückt ist.
Ihre Frau hat damals bei Ihrer Niederlage geweint. Ist sie jetzt glücklich?
Ich glaube, so richtig happy ist sie diese Woche nicht, weil sie hat mich praktisch gar nicht gesehen. Ich war nicht einmal in der Lage, einen Christbaum zu besorgen oder Weihnachtsgeschenke. Das mache ich sonst immer so gerne. Ich liebe Weihnachten!
Was lieben Sie besonders?
Den Kirchenbesuch. Leider konnte ich die Sonntagsgottesdienste in den letzten Wochen nicht besuchen. Zuerst habe ich den Flugschein gemacht und war sonntags oft auf dem Flugplatz, dann war Nationalratswahlkampf, jetzt bin ich hier im Ministerium. Ich trage meinen Glauben nicht wie ein Schild vor mir her, aber er tut mir gut - und deshalb freue ich mich wirklich schon sehr darauf, zu Weihnachten wieder in die Kirche zu gehen.
Zur Person: Cessna-Pilot und vierfacher Vater
Geboren am 2. März 1971 in Vorau, aufgewachsen in Pinkafeld. Ausgebildeter Flugtechniker, danach Systemingenieur bei Lauda Air. In der Politik seit 1994. Vize-Bundesparteiobmann der FPÖ, ab 2013 Dritter Nationalratspräsident. Bei den Bundespräsidentschaftswahlen unterliegt Hofer Van der Bellen. Der Cessna-Pilot ist Vater von insgesamt vier Kindern und in zweiter Ehe mit der Altenpflegerin Verena verheiratet.
Conny Bischofberger, Kronen Zeitung
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