Babe, Babe, look at me / Ich sehe deine langen Beine auf mir reiten / Ich sehe dein Haar über meinem Schoß / Ich spür die Energie / Mein Teil verwandelt sich in einen Baumstamm... Nein, das ist nicht der erste Absatz aus dem Leitartikel der letzten Praline-Ausgabe. So lautet die erste Strophe von "Trollin'", dem Albumopener. Und mein Teil ist die jugendfreie Übersetzung.
The Stooges hatten in den 70ern mit ihrem archaischen Brachialrock die Grundsteine für ein neues Musikgenre, ja ein ganzes Movement gelegt, das ein paar Jahre später die bekanntesten und bis heute glorifizierten Drogentoten der Musikgeschichte hervorgebracht hatte. Punk lautete der Name, der heute zur Worthülse verkommen ist; ein müder, auf Schottenkaro-Hosen und Totenschädelringe fixierter Pop-Abklatsch dessen, was Punk zu Zeiten der Stooges, eigentlich deren legitimer Nachfolger bedeutete.
Sie als Abklatsch ihrer selbst zu bezeichnen, damit würde man den Stooges heute wahrlich Unrecht antun. "The Weirdness" ist roh wie das damalige Erfolgsalbum "Raw Power", Iggy (60) kann immer noch nicht singen und Schlagzeuger und Gründungsmitglied Scott Asheton hat heute noch Mühe, den unverschämt einfachen Drei-Akkord-Schrammeleien seines Bruders Ron zu folgen. "The Weirdness" umgibt jedoch in jeder Note die Aura, besser: der Dunst der späten 70er.
"Greedy Awful People" klingt wie von einer Garagenpunkband gespielt, deren Drummer gerade herausgefunden hat, dass es lauter wird, wenn er statt der Hi-Hat auf die Becken klopft. "She Took My Money", einer dieser Fäuste-ballen-und-mitsingen-Songs, der obendrei noch diese obercoolen Gitarrensoli zu bieten hat. "The End Of Christianity", Iggy Pops Standpunkt zum Keuschheitsgelübde.
Zwischendrin - und das nimmt "The Weirdness" den Opa-Touch - karikieren sich die Stooges selbst. My idea of fun, is killing everyone, sagt Iggy Pop und meint damit sinngemäß: Hey, seht her! Wir sind Teilurheber an Sid Vicious' Goldenem Schuss und Kurt Cobains Druck auf den Flintenabzug nach selbigem. Ja, und ihr habt sie überlebt, wie auch immer das funktioniert hat...
6 von 10 Zuckerschocks
Christoph Andert
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