Diva runderneuert

Sarah Connor und der Soul

Musik
19.04.2007 11:06
Sie hat keine leichte Zeit hinter sich. Ihre Tochter wurde mit einem Herzfehler geboren und musste operiert werden. Dann kam die Kreativblockade. Die letzten anderthalb Jahre hatte Sarah Connor andere Sorgen im Kopf als Musik. Erst sehr langsam kam die Lust aufs Singen wieder - nur so stark, dass sie sich mit Popgeplänkel von früher nicht mehr wirklich zufrieden geben konnte. Im Jänner hat sie dann der Soul eingeholt: Plötzlich war die Idee da, ein Album mit Soulklassikern aufzunehmen, bei denen sie ihr Stimmvolumen zeigen kann - "Soulicious". Im Krone.at-Interview erzählt die Familien-Pop-Diva über ihre neue Platte, die Herausforderung der Songs, für die man wirklich singen können muss und ihr Leben mit einem Popstar als Ehemann.
(Bild: kmm)

Stichwort: Musikalische Runderneuerung – du bist mit deiner neuen Platte von Pop zu alten Soulklassikern gewechselt. Warum der Wandel?

Ich habe diesen Traum schon immer gehabt, ein Album mit Orchester und großen Songs zu machen. Das ist der Sound, mit dem ich aufgewachsen bin. Wir haben im Januar entschieden, dass wir dieses Album machen – ganz kurzfristig. Und obwohl es nicht meine selbstgeschrieben Songs sind, ist es trotzdem das emotionalste und bewegendste Album, das ich je gemacht habe. Ich habe so viele Emotionen reingelegt, die bis hierhin (zeigt mit der Hand an die Stirn) gewartet haben, bis sie rausdurften. Ich hab gelacht, geweint, geschrien – ich konnte alles in diesen Songs ausleben.

Die Produktion ging aber äußerst rasant: In drei Monaten ein Album auf die Beine zu stellen, ohne viel Computerunterstützung. Das kann ja nicht so einfach gewesen sein...

Ja, klar. Aber ich mag das auch - am besten unter Druck! Ich hab mit meinem Produzenten am 25. Januar per SMS vereinbart, dass wir dieses Album machen werden, am 14. Februar sind wir ins Studio und haben angefangen. Wir hatten ein 46-köpfiges Orchester, die Créme de la Créme der deutschen Musikszene und auch ein paar Leute aus Amerika dabei. Wir haben echt alles live eingespielt, sonst wär es sich gar nicht ausgegangen. Ich hab mich mit meiner kompletten Familie in ein Hotel einquartiert. Morgens mit den Kids im Zoo, nachmittags ins Studio.

Wie hast du die Songs ausgewählt? Bei „Son Of A Preacherman“ gibt’s ja schon einige Vorgaben in Sachen Coverversionen – man denke an Joss Stone oder ähnliches...

Och, ich hab da keine Angst vor Konkurrenz! (lacht) „Son Of A Preacherman“ ist ein Song, den ich sehr mag. Ich bin da aber auch mit großer Ehrfurcht und großem Respekt rangegangen, ich wusste schon, dass es viele gecovert haben, und dass da einige Versionen noch nicht in Vergessenheit geraten sind.

Ausgewählt haben wir die Songs eigentlich über Nächte. Jeder hat seine Plattensammlung durchwühlt, wir haben uns unzählige Male getroffen, in stundenlangen Meetings. Ich wollte die Songs nicht „verpoppen“. Ich wollte da keinen fetten Beat drunter legen oder sonstwas, sondern sie im Original lassen und einfach neu machen, Sarah Connor daraus machen. 

War die Lust groß, jetzt einmal ohne elektronischem Zeugs zu machen, ohne knallbunte Videos und Rapper im Hintergrund?

Ja, auf jeden Fall! Es war eine große Herausforderung und ich hatte wirklich Herzklopfen. Als wir zum ersten Mal im Studio standen, dachte ich mir: Hey, du traust dir da jetzt aber wirklich was zu! Das ist richtig Arbeit. Ich hab aber keine Angst davor gehabt. Du musst eben alles offenbaren und alles da reinlegen, was du hast. 

Ich hatte auch wahnsinniges Glück: Als ich die Version von Marvin Gayes „Your Precious Love“ aufgenommen hatte, hab ich meinem Produzenten die Tonspur geschickt und gesagt: So, du besorgst mir jetzt die Vocals von Marvin Gaye. Er hat sich fast totgelacht! Aber wir haben’s einfach probiert und Marvin Gaye hat’s gemocht und uns seine Originalvocals geschickt. Das heißt, ich hab jetzt echt ein Duett mit Marvin Gaye auf diesem Album. Geil, ne? (lacht)

Ist das auch so ein Erwachsenwerden-Ding? Dieses Album erfordert ja wesentlich mehr Talent und du stehst auch viel präsentierter da als früher zwischen Beats und Rappern...

Also ich muss sagen, arbeitstechnisch war es ein großer Aufwand und es war auch emotional nicht ohne. Aber ich steh auch zu den vorigen Alben. Ich hatte sehr viel Spaß auf den Tourneen und es genossen, die Songs zu performen. Aber ich hab im letzten Jahr gemerkt, dass ich mich verändert hatte. Das hieß gar nicht, dass ich da voll abdrehen und nur mehr komische Sounds machen wollte. Ich musste einfach anders gefördert werden. Jetzt konnte ich mich stimmlich so ausleben und voll absingen, wie ich das bei meinen vorigen Alben mit Sicherheit nicht konnte. Ich mag die Songs und ich stehe zu ihnen, aber manchmal gibt es Momente, da denk ich mir: Oh, Gott, was hab ich denn da angehabt? Oder: Was war denn das für ein Video!?

Zum Beispiel bei...?

Kann ich jetzt gar nicht so sagen. Das kommt hauptsächlich bei alten Fernsehshows oder Interviews. Ich hab mir vor dem neuen Album alle meine alten Videos von der alten Plattenfirma schicken lassen und die Making Ofs dazu. Und ich muss schon sagen, so vor sieben, acht Jahren war ich da ganz anders drauf! (lacht) Aber es war auch lustig, und zum Glück ist es lange her und ich kann jetzt sagen: Ich war jung und brauchte das Geld. (lacht) Aber es gehört einfach zu mir und ich kann das auch kritisch sehen.

Du hast auch in Amerika Erfolg und in Japan hat’s auch sehr gut funktioniert. Ganz vorsichtig: Hast du mit deiner Hochzeit mit einem in den USA doch sehr bekannten jungen Popstar, auch ein bisschen in die Popularität „hineingeheiratet“.

Also, ich muss dir sagen, als ich Marc das erste Mal getroffen habe, fand ich eigentlich bloß seinen Namen geil. Sarah Terenzi - klingt doch toll, oder? (lacht) Das war der einzige Grund warum ich ihn geheiratet habe – nein, natürlich nicht! Ich hab mich unsterblich in ihn verliebt und am ersten Abend, an dem wir uns unterhalten haben, gemerkt, dass wir seelenverwandt sind. Gut, manchmal bringt er mich zur Weißglut, aber es gibt niemanden, der meine Knöpfe so drücken kann, wie er.

Ich habe früher gesagt, ich date niemanden aus dem Business, weil ich keine Lust habe, alleine zuhause zu sitzen. Aber es kam anders und ich bin so froh, diesen Mann geheiratet zu haben, der mich versteht, meine intimsten Ängste kennt und mit meinen Unsicherheiten klarkommt. Manchmal begreife ich das echt nicht: Warum will der eigentlich mit mir zusammen sein? (lacht) Ich bin manchmal einfach ein mental case! 

Aber er ist auch ein toller Papa und wir haben uns beide dafür entschieden, so zu leben, wie wir eben leben. Er ist in ähnlichen Familienverhältnissen aufgewachsen, seine Eltern haben sich ebenfalls scheiden lassen und wir haben beide ein reales Bild von unserer Famile. Wir leben auch relativ bescheiden – das heißt, bis auf den Hummer vielleicht, das ist Marcs Spielzeug. (lacht) Aber sonst haben wir keinen Schnickschnack und gehen auch nicht ständig shoppen oder sowas. Privat sind wir eigentlich eine ganz normale Familie. 

Ist er auch dein Kritiker? 

Marc hat mich diesesmal bei der ganzen Albumproduktion begleitet. Er hat die komplette Produktion mitgefilmt und macht daraus ein Making-Of-Video. Er sitzt momentan stundenlang im Keller und schneidet den Film, was eine ziemliche Herausforderung ist. Letztens kam er hoch und meinte: Ich kann dich nicht mehr sehen, ich kann dich nicht mehr hören! (lacht) Also, wir gehen da Hand in Hand. Und er kritisiert mich natürlich auch. Meistens lobt er mich aber, sagt, dass das jetzt zum Beispiel toll gesungen war. Aber wenn er nur ein Mal mit der Augenbraue zuckt, werde ich gleich sensibel und muss ihn einfach fragen, was da jetzt schon wieder los war. (lacht)

Stellt er seine musikalischen Bedürfnisse momentan für dich zurück? Irgendwer muss ja „auf die Kids aufpassen“, wenn ich das jetzt so formulieren darf...

Wir haben ein ganz ausgeglichenes Verhältnis. Ich hatte letztes Jahr eine lange Pause gemacht, während er gearbeitet hat. Und jetzt steckt er für mich zurück. Er hat Singles rausgebracht, war auf Tour und danach wollte er von sich aus, dass ich wieder am Drücker bin und wieder zu singen beginne. Ich braucht es auch, weil es eine Zeit gab, in der mir meine Stimme gefehlt hatte. 

Ich hatte ganz andere Sachen im Kopf und er hat mir wieder in Erinnerung gerufen, was daran so schön für mich war und was in mir steckt. Er hat keinen Moment gezögert, als ich sagte, dass ich die Platte machen will. Aber so eine Produktion ist ja nicht nur Studio, da gehört auch die Promotiontour dazu, so wie jetzt eben. Ich sagte ihm schon klipp und klar, dass ich will, dass er in dieser Zeit zuhause bleibt. Wir haben eier von uns bei den Kindern ist.

Du hast eben von einer Kreativblockade gesprochen... 

Ja, ich hatte eine schwierige Zeit. Es hat damit begonnen, dass ich ein Baby bekommen hab, das herzkrank war. Das war für mich dann einfach das Allerwichtigste in diesem Moment und da bin ich emotional an meine Grenzen gestoßen. Es waren die elementarsten Gefühle, die man erleben kann. Aber ich bin dankbar für die Erfahrung. Meine Tochter ist mir ein Vorbild, weil sie eine starke Kämpferin ist und wir viel zusammen durchgemacht haben. Ich hab mich in dieser Zeit oft gefragt: Warum wir? Warum mein Kind!? Dann hab ich gelernt, okay, es ist nicht alles kontrollierbar. Sie hat sich uns ausgesucht, weil sie weiß, dass wir das zusammen schaffen. Sie ist heute ein aufgewecktes, gesundes, kleines Mädchen, das sich ganz normal entwickelt. Aber damals hatte ich alles andere als Musik im Kopf. Und es hat eben seine Zeit gedauert, bis mich das Gefühl, die Lust am Singen wieder erfüllt hat.


Interview: Christoph Andert
 

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