Sein letztes "Krone"-Interview (siehe Infobox) gab Georg Danzer vor weniger als einem Jahr anlässlich seines Albums "Träumer". "Ich gehe davon aus, dass ich in spätestens zwei Jahren die Krankheit überwunden habe", meinte "Schurli" damals positiv gestimmt. Einen Satz ließ er fallen, der stellvertretend für seine kämpferische Einstellung stand: "Nur wer Angst vorm Wasser hat, ertrinkt."
Vor etwa einem Jahr ist Danzer mit der schockierenden Nachricht an die Öffentlichkeit gegangen, dass er an Lungenkrebs leide. Am 7. Oktober 2006 wurden zwei Konzerte, die anlässlich seines 60. Geburtstages stattfinden hätten sollen, aufgrund dieser Hiobsbotschaft abgesagt. Danzer hat bis zuletzt verzweifelt gegen die Krankheit angekämpft.
Für das diesjährige Donauinselfest wäre ein Auftritt der Austropop-Legende geplant gewesen. Er musste kurzfristig absagen, Rainhard Fendrich springt für ihn ein und spielt das Konzert als "Rainhard Fendrich statt und für Georg Danzer".
Der Künstler hinterlässt ein Werk von mehr als 400 Liedern. In den Jahren 1972 bis 2007 hat er 46 Alben veröffentlicht. In den letzten Jahren machte er auch durch sein Mitwirken bei dem Austropop-Trio "Austria 3" (mit Fendrich und Ambros) auf sich aufmerksam. Umstritten war vor allem "13 schmutzige Lieder", sein letztes Album trägt den Titel "Raritäten II", sein letztes Studioalbum hieß "Träumer".
Eine sehr persönliche Bilanz über sein Leben zog Danzer zuletzt in einem Interview-Buch mit dem Titel "Jetzt oder nie" Anfang 2006. Der österreichische Journalist Christian Seiler (Neo-ORF-"Extrazimmer"-Gastgeber) stand dem Austropop-Sänger als Gesprächspartner gegenüber. Danzer gibt auf 160 Seiten ganz offen Einblick in Herz und Verstand eines Dichters, erzählt von seiner Kindheit am Gaudenzdorfer Gürtel und den vielen Stationen in seinem bewegten Leben.
Georg Danzer - 1946 bis 2007
Am 7. Oktober 1946 erblickte Georg Franz Danzer als Sohn eines Beamten und einer Angestellten das Licht der Welt. Danzers Kindheit ist geprägt vom Leben am Gaudenzdorfer Gürtel, von den Anschauungen seines Vaters, seines Großvaters, gegen die er bereits in jungen Jahren mal still, mal laut rebelliert. Mit 13 beginnt sich Danzer ernsthaft für Musik zu interessieren, raucht die erste Tschick und wird recht früh "erwachsen". Er verehrt Bob Dylan und erkennt ganz schnell, dass "die Madl’n auf Typen mit Gitarr’n und an Mundharmonika-G’stell stehen", wie er auf seinem 2006er Live-Album "Gute Unterhaltung - Die besten Geschichten und Lieder" in einer der vielen Anekdote erzählt.
Danzer entdeckt mit den Jahren sein Talent für grobe, oftmals stark unter die Gürtellinie reichende Texte, die doch einen ganz eigenen Charme haben. Zugleich entwickelt er ein Feingefühl für ernste, kritische Lieder, und auf längere Sicht wird daraus eine ganz eigene Art, dem Österreicher seine Fehler aufzuzeigen. Der junge Danzer wird schnell als Songschreiber für Wolfgang Ambros, Marianne Mendt oder Österreichs "Joe Cocker", Wilfried, entdeckt. Er selbst sorgt erst 1972 mit "Tschik" für Aufmerksamkeit. Nach den weiteren LPs "Honigmond" und "Der Tätowierer und die Mondprinzessin" veröffentlicht Danzer einen Song, der bis heute nachwirkt: Die Hawelka-Hymne "Jö schau" erscheint 1975 und wird im Jahr darauf vergoldet.
Wie jeder Austropop-Künstler muss Danzer zuerst nach Deutschland gehen, bevor man ihn im eigenen Land entsprechend würdigt. Nach dem "Legendären Wixerblues vom 7. Oktober 1976", der noch bekannteren "Moritat vom Frauenmörder Wurm" und Songs wie "War das etwa Haschisch?" nimmt Österreich 1980 wieder Notiz vom "neuen" Danzer, der sich zunehmend als Songschreiber profiliert und Themen wie Rassismus und Fremdenhass auf eine nur ihm vorbehaltene, direkte Art anspricht, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben.
Es folgen: Ausverkaufte Live-Tourneen, gut ankommende Plattenveröffentlichungen, private Veränderungen (Scheidung von seiner ersten Frau Dagmara) und leider auch finanzielle Troubles nach dem Untertauchen seines Managers. In den folgenden zehn Jahren veröffentlicht Danzer Songs wie "Traurig aber wahr", "Weiße Pferde", "Jetzt oder nie" oder "Tango (der Großstadt). Nachdem seine damalige Plattenfirma ihm aber den Vertrag nicht verlängert, zieht Danzer nach Hamburg und widmet sich dort Übersetzungen aus dem Spanischen.
1990 ist Danzer öfters "Wieder in Wien", wie auch die damals erscheinende LP und Tour heißt, bevor er 1994 wieder ganz hierher übersiedelt. Theaterauftritte, Buchveröffentlichungen und einen Ausflug ins englischsprachige Liedgut gibt es rund um den 50er im Jahre 1996. Im Jahr darauf steht Danzer erstmals mit Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros als "Austria 3" auf der Bühne, eine Erfolgsstory folgt, die erst heuer mit der offiziellen Band-Auflösung ihr Ende fand.
Für viele kam das Ende der "Austropop-Supergroup" nicht ungelegen: Die Danzer-Fans vermissten ihren kritischen Einzelgänger, der bei den "Dreier"-Konzerten immer etwas im Schatten von Fendrich und Ambros werkte, nie die große "Show" abzog. Mit "Von Scheibbs bis Nebraska", einer Platte, die Danzer zur Gänze in Amerika mit dortigen Studiomusikern aufnahm, meldete er sich ende 2005 wieder als der Alte zurück. Auf der Platte findet sich sowohl der köstlich-schmutzige Danzer-Humor ("Piercing in Gmunden"), wie auch der ans Herz gehende Bericht seiner Kosovo-Reise in Form eines nachdenklichen, ruhigen Liedes. Jetzt forciert er auch sein Engagement für "S.O.S. Mitmensch" und wird nicht müde, dem Österreicher seine Fehler vorzuhalten.
Letztes Jahr verblüffte Danzer mit seinem letzten Studioalbum "Träumer" viele Fans, die nach seinem "Krebs-Outing" Angst um ihren Helden bekamen. Tatsächlich konnten die zwei, drei lustigen Songs auf "Träumer" (darunter ein Lied, das von der gemeinsamen Reise eines Tampons und eines Kondoms in einer Handtasche handelt) nicht darüber hinweg täuschen, dass es "Schurli" gesundheitlich nicht mehr gut ging. Mit Songs wie "De glaub’n i heas net" (ein morbides Lied aus der Sicht einer komatösen Großmutter, die am Totenbett ihrer Erbschleicher-Familie lauscht) und "Mei Aschn", in dem Danzer darüber singt, warum er – wie es auch geschah – eingeäschert werden will, setzt er sich erstmals spürbar persönlich und künstlerisch mit dem Tod auseinander. Bei den Aufnahmen zu "Träumer" sagte er: "Ich habe mir gedacht: Georg, du wirst alt. Damit musst du dich abfinden. Dass in mir eine Krankheit schlummerte, war mir nicht bewusst."
Im April 2007 ließ sich Danzer noch einmal auf der Bühne feiern - sein Auftritt in der Wiener Stadthalle wurde zum Fest des Austropops. Und nun hat sich bestätigt, was so viele der bereits bei Danzers Auftritt im Stehen applaudierenden Zuseher gefürchtet haben - es war ein Abschied von einer Austropoplegende. Für immer.
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