Prothesen-Streit

Beinamputierter Pistorius legt sich mit der IAAF an

Sport
16.07.2007 13:48
Bei Fans und Konkurrenz sorgt der beinamputierte Oscar Pistorius für Bewunderung, mit dem jetzt eröffneten Kleinkrieg gegen den Leichtathletik-Weltverband IAAF dürfte der Sprinter nur Kopfschütteln auslösen. Völlig überraschend ist der 20 Jahre alte Südafrikaner auf Konfrontationskurs mit der IAAF eingeschwenkt.

Obwohl ihm der Weltverband sogar eine "Wild Card" für Starts in Rom und Sheffield im Feld der Nicht-Behinderten ausstellte und ein wissenschaftliches Gutachten finanziert, zog Pistorius mächtig vom Leder. "Es wäre viel produktiver, die Tests mit mir als gegen mich zu machen", sagte der Paralympics-Sieger nach seinem missglückten Grand-Prix-Auftritt am Sonntagabend in Sheffield.

Prothesen als Vorteil?
Pistorius kämpft um sein generelles Startrecht bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, auf seinen zwei Unterschenkel-Prothesen will er 2008 in Peking in der 4 x 400-Meter-Staffel seines Landes mitlaufen. Die IAAF prüft den vertrackten Fall und hat ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben. Die Frage lautet: Hat ein Sprinter auf Prothesen einen körperlichen Nachteil - oder gar einen technischen Vorteil? Schließlich haben die Hightech-Karbon-Stelzen, die etwas länger als ein Unterschenkel sind, auf einer Kunststoffbahn auch eine beträchtliche Federwirkung. Die Meinungen unter Sportlern und Experten sind jedenfalls geteilt.

Disqualifikation in Sheffield
Nach dem 400-Meter-Rennen in Sheffield, wo der Südafrikaner wegen Verlassens der Bahn disqualifiziert wurde, beschwerte sich Pistorius über "abfällige" Kommentare eines Offiziellen der IAAF. Dieser soll gesagt haben, dass Pistorius mit Starts bei den Nicht-Behinderten vielleicht sogar Sportlern mit Düsenjets auf dem Rücken den Weg in die Sport-Arenen bereite. Dies seien "abfällige, unprofessionelle Kommentare", meinte Pistorius. Die IAAF solle ihn "seinen Kampf kämpfen und mit ihm statt gegen ihn arbeiten".

Unverständnis bei der IAAF
IAAF-Mediendirektor Nick Davies war am Montag völlig aufgebracht und wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Wenn die IAAF gegen Paralympics-Athleten wäre, wie hätten wir der blinden Marla Runyon aus den USA dann einen WM-Start 1999 in Sevilla erlauben können?", sagte Davies. Inzwischen hat sich der Betreuer bei der IAAF für die verbalen Ausfälle seines Schützlings entschuldigt.

In dem Schreiben an van Zyl beschwert sich die IAAF, die ganz im Sinne von Pistorius eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben und finanziert hat, über die Brüskierung durch den Südafrikaner, dem im Alter von elf Monaten beide Unterschenkel amputiert werden mussten. Die IAAF habe den schwierigen Fall sachlich dargestellt und sich kooperativ gezeigt. Dennoch sei Pistorius zum Angriff übergegangen: Er habe behauptet, die IAAF sei von Vorurteilen gegenüber behinderten Athleten belastet, der Weltverband agiere "amateurhaft" und "wie das FBI".

Kein Techno-Doping
"Wir können kein Techno-Doping in der Leichtathletik zulassen", betonte Davies und empfahl Pistorius beim Umgang mit den Medien künftig Zurückhaltung. An der generellen Auffassung der IAAF habe sich nichts geändert: "Wir haben keinerlei Vorurteile gegenüber behinderten Athleten. Wir machen uns nur über solche Sportler Sorgen, die sich durch technische Hilfsmittel einen Vorteil verschaffen", meinte der IAAF-Sprecher.

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(Bild: KMM)



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