“Healing The Divide” ist eine Stiftung des Hollywood-Schauspielers Richard Gere, der sich seit mehreren Jahren als Botschafter des Buddhismus für tibetanische Geistliche in Tibet und im indischen Exil engagiert. Das Konzert fand während eines 20-tägigen Aufenthalts des Dalai Lama in den USA statt. Das Line-Up wurde von Gere auf die Beine gestellt und kann schlicht als “exotisch” bezeichnet werden.
Den Anfang macht der Dalai Lama mit einer fünminütigen Rede, in der er auf die Tätigkeiten von Geres Stiftung eingeht, die sich um Rechtsbeistand und Krankenversicherung für aus Tibet vertriebene Mönche kümmert. Nach Worten der Weisheit findet die Ansprache des Dalai Lamas aber ein sehr skurriles Ende. “Wie Sie wissen beginnt mein Tag sehr früh, schon um drei Uhr. So wie Sie, halbe Nacht wach bleiben und am Morgen trotzdem frisch aussehen, das kann ich nicht. Für mich ist es schon jetzt Zeit zu Bett zu gehen. Amüsieren Sie sich, ich werde im Geiste bei Ihnen sein”, sagt seine Heiligkeit. Sprach’s und begibt sich begleitet von einem hörbar amüsierten Publikum ins Bettchen.
Es folgt eine fünfminütige Performance des “Gyuoto Tantric Choirs”, einem Ensemble aus tibetanischen Exil-Mönchen, die mit Meditationsgesängen für mystische Tempel-Atmosphäre sorgen. Ganze elf Minuten zaubert dann Anoushka Shankar, Tochter des indischen Komponisten und Gurus Ravi Shankar und Halbschwester von Country-Popstar Norah Jones, auf der Sitar mit einem melodischen Werk ihres Vaters. “Peace Chants” führen dann der tibetanische Avantgardemusiker Nawang Khechog und der Navacho-Musiker R. Carlos Nakai mit Himalaja-Alpenhorn und Indianerflöte vor. Während der achteinhalb Minuten inklusive Gebet kommt man einem Trancezustand schon recht nahe. Der Zwölftonkomponist Philip Glass und der Kora-Spieler (Kora = afrikanische Version einer Sitar) Foday Musa Susa aus Gambia wärmen das verschlafene Gehirn dann mit einer melodischen Siebeneinhalb-Minuten-Komposition auf, bevor das “Killer-Feature” des Abends die Bühne betritt.
Tom Waits schlägt mit Unterstützung des berühmten Kronos Quartett bluesige Töne an und kreischt sich gleich zu Beginn bei “Way Down In The Hole” den Whiskey aus dem heiseren Rachen. Mit dem nächsten Song “God’s Away On Business” schlägt er sich klar auf die Seite des mittlerweile in den Tiefschlaf gesunkenen Dalai Lamas, nur um ihn dann vor “Lost In The Harbor” einmal kräftig aufs Korn zu nehmen. “So, so. Seine Heiligkeit geht also um 19 Uhr dreißig zu Bett? Ha!? Da kenn ich unsere Heiligkeit aber ganz anders, ihr wisst schon was ich meine. Bei dem war früher auch spät Nachts noch etwas los”, witzelt er zur Freude des Publikums über den heiligen Frühaufsteher. Mit “Diamond In Your Mind”, dem wegen der konstanten Überlänge der Songs erst neunten Track der Platte, endet das Konzert nach 55 Minuten. Mit dem Kauf der CD unterstützt man übrigens die Gere-Stiftung.
10 von 10 heiligen Konzerten
Christoph Andert
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