Ob im Abschied Endgültigkeit liegt, weiß man immer erst, wenn das Herz zu begreifen sucht... Es könne etwas später werden, sagte er zu seiner Frau. Er sollte nicht zurückkehren. Rund eine Woche nach seinem gewaltsamen Verschwinden wurde er von seinen Entführern enthauptet - vor laufender Videokamera. Zurück blieb seine Ehefrau, ein Kind der Zuversicht im schwellenden Leib. Dies sind die Koordinaten eines Drehbuchs, das das Leben schrieb - in all seiner unerbittlichen Brutalität.
Karatschi, am 23. Jänner 2002. Daniel Pearl, Südostasienkorrespondent des "Wall Street Journals", verabschiedet sich zärtlich von Mariane, die er in Frankreich geehelicht hatte. Ihr Glück umfängt die beiden noch im fernen Pakistan wie ein Mantel. Der Journalist will sich mit einem Informanten treffen, der ihn bei seiner Recherche-Arbeit über die Person des Al-Kaida-Schuhbombers Richard Reid unterstützen soll.
Und dann ist er weg. Von der Bildfläche verschwunden. Gekidnappt durch eine Al-Kaida-nahe Terror-Organisation. Ein krimineller Akt im Gefolge der Anschläge des 11. Septembers! Die Welt nimmt geschockt teil an Pearls Martyrium in Gefangenschaft, an den Appellen seiner im sechsten Monat schwangeren Frau, die Daniels Ermordung nicht verhindern kann und dennoch ein Herz groß wie eine Kathedrale hat, das der Gewalt trotzt: "A Mighty Heart". Ihr setzt Oscar-Preisträgerin Angelina Jolie nun ein filmisches Denkmal.
Brad Pitt als Co-Produzent
Es ist auch "Ein mutiger Weg", den Regisseur Michael Winterbottom ("Welcome To Sarajewo", "The Road To Guantanamo") mit dieser semidokumentarischen Umsetzung von Mariane Pearls gleichnamigen Memoiren beschreitet, ohne der Tragödie eine gekünstelte Hollywood-Dramatik überzustülpen. Ein im positiven Sinn bemerkenswert unpolitischer Film, co-produziert von Brad Pitt, der nicht die Schuldigen am Tod von Daniel Pearl (im Film: "Capote"-Drehbuchautor Dan Futterman) sucht, sondern vor allem die Beweggründe seiner Arbeit. Angelina Jolie spielt die Leiden und Ängste der Mariane Pearl voll sensibler Zurückhaltung. Der magisch-grau-grüne "Jolie-Blick" wird von nougatbraunen Kontaktlinsen kaschiert. Von kaum zu überbietender Intensität der Moment, als nach der Todesnachricht der Schmerz aus ihr hervorbricht.
„Für irgendetwas muss mein ,Status’ ja gut sein“
Angelina Jolie, die sich in vielen Gesprächen mit der Witwe diesem Part annäherte: "Mariane schrieb dieses Buch, um ihrem Sohn den Vater, den er nie kennenlernen würde, näherzubringen. Sie schreib es ohne Hass und Vorurteile, aber voller Liebe zu ihrem Mann."
Die Mutter dreier adoptierter Kinder und einer leiblichen Tochter und engagierte UN-Sonderbotschafterin, die diplomatisch-medienwirksames Gespür im Kampf für eine Verbesserung der Lebensumstände von Hungernden, Bürgerkriegs-, ja Globalisierungsopfern beweist: "Niemand kann mir einreden, dass ich meine Zeit besser auf Partys und Yachten verbringe, wenn ich stattdessen die Schließung eines Flüchtlingscamps verhindern kann, ganz einfach, weil ich prominent bin. Für irgendetwas muss dieser ,Status’ ja gut sein!"
Ungebremster Mutterstolz, der beflügelt. Die rastlose Neuzeit-Nomadin - meist hat sie ihren Lebensmenschen Brad Pitt samt Multikulti-Kinderschar im Schlepptau -, verurteilt lethargische Politikverdrossenheit aufs Schärfste, sei sie doch der Boden für die Saat des Terrors. Angelina Jolie: "Die Suche nach der Wahrheit macht dich nicht unverwundbar, aber stark. You have to go for it. Daniel Pearl hat diesen mutigen Weg beschritten. Jede Zeit hat ihre Märtyrer..." Letztlich sind auch Jolies Adoptionen in verarmten Dritte-Welt-Ländern ein Statement unbedingter Weltoffenheit. Wie definiert sie Nähe? Jolie: "Die innigsten Momente durchleben Brad und ich, wenn wird gemeinsam etwas bewegen - politisch oder mit unseren vier Kindern. Dann verspüren wir diesen tiefen Respekt füreinander..." ("A Mighty Heart - Ein mutiger Weg", ab 14. September im Kino)
Von Christina Krisch, Kronen Zeitung
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