Mit der „Sony Memory Stick HD Handycam HDR-CX6“ (UVP: 1270,- Euro, Straßenpreis: zirka 960,- Euro) schließt der Hersteller zu Panasonics „HDC-SD5EG-S“-Camcorder auf, der mit SD-Speicherkarten, dem etwas höher auflösenden 1080p-Videosignal und einem Drei-Chip-CCD-Sensor (Sony: CMOS-Sensor mit 3,2 Megapixel - die groß aufgedruckten 6,1 MP sind eine Standfoto-Auflösung-Mogelpackung) zu Werke geht. Der neue Videostandard AVCHD wurde übrigens von beiden Herstellern entwickelt.
Der HDR-CX6 fügt sich optisch in die bekannte Handycam-Serie ein. Mit Ausnahme der schwarzen Lackierung überm Plastikkleid und der geringeren Maße, die ihn für kurze Zeit zum kleinsten HD-Camcorder der Welt machten – zwei Wochen, oder so. Für durchschnittliche Hände ist die Kamera ideal, vor allem weil sie mit einem knappen halben Kilo Gewicht (inklusive Akku) auch nicht zu schwer wiegt. Wer lange Finger hat und bei Handschuhen zu Größe L oder größer greift, tut sich recht schnell recht schwer mit der Zoomwippe des HDR-CX6. Die kommt dann nämlich am mittleren Zeigefingerglied zu liegen und man muss den Finger krümmen, um mit der Kuppe an die Wippe zu kommen, was der Stabilität nicht sehr förderlich ist. Man könnte die kleine Videokamera auch mit zwei Händen anpacken – aber wie das dann wieder aussieht…
Zum Zubehör des HDR-CX6 gehört ein acht Gigabyte fassender MemoryStick (Straßenpreis: zirka 100 Euro). Darauf passen laut Verpackung bis zu drei Stunden AVCHD-Video im Longplay-Format. Mit der HD-Qualität ist es im LP-Modus aber nicht mehr weit hergeholt, die beste Figur macht der Camcorder bei maximaler Qualität. Dann passen aber immerhin noch 55 Minuten Video auf einen Memorystick – viel länger hält der Akku ohnehin nicht. Mit einem Reservestick und einem zweiten Akku ist man gut betan. Die Akkulaufzeit des HDR-CX6 liegt mit dem Standard-Akku bei den im Manual verkündeten 70 Minuten – das ist guter Durchschnitt.
Per optionalem HDMI-Kabel können die Videos auf einem HD-fähigen Flatscreen betrachtet werden. Mit „DVD-Qualität“ (höchste Qualitätsstufe) lassen sich die mit einer Abwandlung des H.264-Codecs erstellten AVCHD-Videos treffend beschreiben. Die Farben (Objektiv: Carl-Zeiss-Linse mit optischem 10-fach-Zoom und guter Abbildungsleistung im Mittel- bis Telebereich, Weitwinkel etwas zu weich) sind bestechend echt, die Kontrastrate Sony-typisch sehr hart, was aber nur bei Aufnahmen in einer Umgebung mit harten Licht/Schatten-Kontrasten (sonnendurchfluteter Innenhof mit Schatten spendenden Bäumen) wirklich negativ auffällt. Im LP-Modus zieht das Bild bei Schwenks störende Schlieren, im höchsten Qualitätsmodus kann man dafür schon in halbwegs homogen ausgeleuchteter Umgebung und mit der ruhigen Hand eines Nachwuchs-Kubricks ein zu 100 Prozent ruckelfreies Bild erreichen.
Beim Filmschnitt kann das AVCHD dem einen oder anderen Benutzer mit nicht mehr ganz aktueller Software ein Kompatibilitätsproblem verursachen. Nur die aktuellsten Version gängiger Schnittprogramme wie Adobe Premiere, Corel Video Studio oder Pinnacle Studio plus unterstützen den erst 2006 präsentierten Codec. Auf der Macintosh-Plattform ist man auf Final Cut Studio 2 oder das neue iMovie ’08 angewiesen. Dafür spielt das platzsparende weil bereits stark komprimierte Format am Rechner erneut seine Stärken aus. Die geringe Dateigröße wirkt sich natürlich auf die Rendering-Zeit eines Videos bzw. beim Export in ein anderes Format aus. MPEG-4 in iPod-Größe beispielsweise geht zwar nicht übertrieben schnell, aber im Vergleich zum SD-Video einer Mini-DV-Cam immer noch recht zackig.
Im Ton vergreift sich der HDR-CX6 kaum. Ein an der Oberseite installiertes Mehrkanal-Mikrofon verspricht 5.1-Surround-Klang und liefert ihn auch. Allerdings wirkt das auch keine Wunder, denn wie bei allen fix eingebauten Mikrofonen nimmt auch der HDR-CX6 hauptsächlich die Geräusche im Raum vor und hinter der Kamera auf und gibt wenig auf das, was vor der Linse im Blickfeld passiert.
Bei der Bedienung per Touch Screen setzt Sony auf eine Mischung aus Playstation-Menü und ÖBB-Fahrkartenautomat. Letzterer deswegen, weil sich das komplette Menüprogramm beim Bestätigen oder Abbrechen eines Vorgangs vom Display vertschüsst. Wer mehrere Dinge auf einmal einstellen will, muss sich stets aufs Neue hoch hanteln – und versäumt dabei unter Umständen seinen Zug. Ansonsten präsentiert sich das Menü sehr übersichtlich. Auch deswegen, weil die Editiermöglichkeiten (manueller Fokus nur per Touchscreen; keine Möglichkeit, Blende/Belichtung selbst einzustellen; kein manueller Weißabgleich) begrenzt sind. Profi-Features spart Sony auch an der Außenhaut aus: Es gibt keine Firewire-Schnittstelle (nur USB via mitgelieferter Docking-Lade-Station) und auch keine Möglichkeit, ein externes Mikrofon anzuschließen. Allerdings ist Sony-Zubehör (Leuchte, Richtmikrofon) für den Blitzschuh an der Oberseite der Kamera erhältlich.
Fazit: Wer sich vor zwei Monaten einen Festplatten-Camcorder zugelegt hat, weil er den integrierten Speicher praktisch findet, der ärgere sich. In Verbindung mit dem neuen AVCHD-Codec überzeugt das System Speicherkarte voll und ganz. Zudem sind die MemorySticks leistbar geworden - seit sie auch von Nicht-Sony-Unternehmen erzeugt werden - und haben den Vorteil, dass sie weniger schadensanfällig als magnetische Speichermedien sind. Noch dazu geht das Überspielen der Videos auf den Computer mit einem Kartenleser viel schneller von der Hand, als das bei Kassette oder Festplatte der Fall sein kann. Das System funktioniert, der Rest liegt am Camcorder selbst.
Christoph Andert
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