The Wu Is Back

Wu-Tang Clan: “8 Diagrams”

Musik
21.12.2007 21:16
Über eine Minute dauert es, ehe Kick und Snare aus den Boxen schallen. Spätestens dann weiß man aber wieder, warum man den Wu-Tang Clan über all die Jahre so vermisst hat: Mit "8 Diagrams" stellt das inzwischen auf acht Mitglieder geschrumpfte Kollektiv rund um Mastermind RZA abermals sein lyrisches Können unter Beweis - und klingt dabei so herrlich dreckig, roh und sperrig wie anno 1994.

Es ist mit Sicherheit das Hip-Hop-Comeback des Jahres: Sechs Jahre nach ihrem letzten regulären Studioalbum "Iron Flag" und dem Tod von Ol' Dirty Bastard im Jahre 2004 erwacht der Clan zu neuem Leben. Das alleine ist zwar schon eine kleine Sensation für sich, das Schöne aber daran ist, dass es mit dem Hören von "8 Diagrams" fast so scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben. 

Denn anstatt sich wie Timbaland, Pharrell Williams und Co. auf möglichst eingängige und poppige Jiggy-Jiggy-Rhythmen zu konzentrieren, setzt Beat-Genius RZA wie zu Zeiten der "36 Chambers" auf rohen Sound, der trotzt oder gerade wegen des spärlichen Sample-Einsatzes und der sich wiederholenden Loops urgewaltig aus den Boxen rollt. Der Opener "Campfire" oder "Rushing Elephants" belegen dies.

Wer sich jedoch echte Kracher vom Schlage eines "Bring Da Ruckus" oder "Wu-Tang Clan Ain't Nuthing Ta F' Wit" erwartet, wird enttäuscht: In der Post-ODB-Phase scheint der Clan ein wenig nachdenklicher und sentimentaler geworden zu sein. Mehr als deutlich wird dies etwa durch die erste Single-Auskopplung "The Heart Gently Weeps", die sich neben den ruhigeren Klängen vor allem durch die prominenten Feature-Gäste auszeichnet.

In dem an den Beatles-Klassiker "While My Guitar Gently Weeps" angelehnten Song findet sich nicht nur Soul-Stimme Erykah Badu am Mikrofon ein, es ist vor allem das Auftreten von George Harrisons Sohn Dhani, der neben Chili-Peppers-Gitarrist John Frusciante in die Saiten greift, das diesen Song zu einem echten Sahnestückchen macht. Noch bewegender ist jedoch das nur von einem satten Beat und einzelnen Piano-Akkorden getragene "Life Changes", das den Tod Ol' Dirty Bastards thematisiert. 

Ein Wiederhören mit dem 2004 an einer Drogen-Überdosis verstorbenen Clan-Mitglied gibt es schließlich auf "16th Chamber", dem letzten Song des Albums: Die Aufnahme aus dem Jahr 1992 unterstreicht noch einmal das außergewöhnliche Talent des MCs mit der charismatischen Stimme.

Auch wenn das von einem Kung-Fu-Streifen inspirierte "8 Diagrams" in punkto Hit-Dichte nicht an vergangene Tage anknüpfen kann, so ist die Rückkehr des Wu-Tang Clans dennoch ein Grund zur Freude. Beweisen RZA, Meth, Ghostface Killah und Konsorten doch, dass Hip Hop auch im Jahre 2007 mehr zu bieten hat als verbale Stumpfsinnigkeiten und musikalische Einheitskost.

Auf der Myspace-Site des Wu-Tang Clan (siehe Infobox) findest du Hörproben zu "The Heart Gently Weeps", "Rushing Elephants", "Wolves" (mit P-Funk-Legende George Clinton), "Tar Pit" und "Stick Me For My Riches".

Fazit: 9 von 10 fernöstlichen Punkten

von Sebastian Räuchle

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