Sberbank-Chef warnt:
Die russische Wirtschaft hält so nicht lange durch
Der Sberbank-Chef Herman Gref zeigt sich sehr besorgt über die russische Wirtschaft: Sie weise Anzeichen einer Stagflation auf, vor allem im Bausektor. Auch die Lage insgesamt sei alles andere als rosig.
Das Verhältnis des russischen Volkes zum Staat wie auch zu Banken, Krediten und dem Rubel ist von großem Misstrauen geprägt. Gerne werden daher Ersparnisse in den viel zu kleinen Wohnungen in Fremdwährungen gebunkert – unter der Matratze oder im Sparstrumpf. In letzter Zeit ist jedoch ein Umdenken zu beobachten. Es habe nämlich keinen Sinn mehr, Geld etwa in Dollar zu horten, wenn der reale Wert immer weiter sinke und man keine Zinsen bekomme, erklärt Sberbank-Chef Gref beim Investorentag der größten russischen Bank am Freitag, wie unter anderem das russische Medienunternehmen RBK berichtet.
Die Rechnung ist einfach: „Wenn Sie im Jahr 2022 100 Dollar unter das Kopfkissen gelegt haben, sind heute bestenfalls noch 80 Dollar davon übrig“, sagt der Manager von Russlands größter Finanzinstitution. „Die Leute holen jetzt das Geld aus den Kissen und Matratzen und hinterlegen alles“, führt der Sberbank-Chef aus. Eine andere russische Bank, VTB, berichtete Anfang Dezember, dass der Anteil der Ersparnisse in Bargeld einen historischen Tiefstand erreicht hätte. VTB führte dies auf einen Anstieg der Zinssätze für Rubeleinlagen zurück.
Russland schlittert in Stagflation
Gref zufolge gibt es nun deutliche Anzeichen für eine Konjunkturabschwächung, insbesondere im Wohnungsbau und bei Wohnungsinvestitionen. Bei stagnierender Wirtschaft, kombiniert mit einer hohen Inflation, bestehe die Gefahr einer Stagflation. Die russische Wirtschaft sei daher in einer ernsten Situation, warnt Gref: „Eine Reihe von Branchen und Kreditnehmern werden in einer schwierigen Situation sein.“ Auch die Banken stünden vor Herausforderungen. „Natürlich hält die Wirtschaft so nicht lange durch“, zeigt sich der Sberbank-Chef alarmiert.
Schwacher Rubel bereitet dem Kreml Kopfzerbrechen
Die ohnehin bereits sehr hohe Inflation könnte von einem schwächeren Rubel weiter angefacht werden, da sich Importe dadurch weiter verteuern. „Wir haben einen neuen inflationsfördernden Faktor, den Wechselkurs“, räumte Zentralbankchefin Elwira Nabiullina ein. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten gehen auch deshalb davon aus, dass die Zentralbank ihren Leitzins am 20. Dezember von aktuell 21 auf 23 Prozent anheben wird.
Um den Rubel zu stärken, hatte Präsident Wladimir Putin den Käufern von russischem Gas die Möglichkeit genommen, Devisen bei der von den USA sanktionierten Gazprombank in Rubel umzutauschen. Die russische Landeswährung legte danach um mehr als ein Prozent zum Dollar zu, wie aus den außerbörslichen Daten der Banken hervorgeht. Im Handel an der Moskauer Börse stieg er ebenfalls um ein Prozent zum chinesischen Yuan auf 14,20 Rubel.
Marke von 100 Rubel wieder unterschritten
Nun ist der Rubel also wieder mehr wert als ein US-Cent. Für einen Dollar gab es am Freitag nur mehr 99,50 Rubel, womit wieder die Marke von 100 Rubel unterschritten wurde. Der Kurs wurde damit in dieser Woche um rund sechs Prozent aufgewertet – der stärkste Anstieg seit mehr als einem Jahr. Im November wurden zeitweise mehr als 110 Rubel für einen Dollar verlangt.
Den fairen Wert des Rubels sieht der Vorstandschef der Sberbank in einer Spanne von 100 bis 105 zum Dollar. „Derzeit sehen wir keinen Spielraum für eine deutliche Schwächung des Rubel“, schilderte Gref. Bis Ende nächsten Jahres erwartet die Sberbank dann einen Wechselkurs von 112 bis 115 Rubel pro Dollar.
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