Erster Auftritt

Lanzinger gefasst: “Habe Schicksal angenommen”

Sport
14.03.2008 16:33
Matthias Lanzinger hat sich am Donnerstag im Landeskrankenhaus Salzburg erstmals seit seinem folgenschweren Ski-Unfall am 2. März in Kvitfjell der Öffentlichkeit präsentiert. "Es sollte so sein, das war Regieführung von woanders. Ich habe mein Schicksal angenommen und werde es gemeinsam mit meiner Freundin Eva bewältigen", meinte der 27-jährige Salzburger, dem am 4. März der linke Unterschenkel amputiert werden musste.

Normalerweise ist der Geräuschpegel ein beachtlicher, wenn 50 Journalisten auf einen Haufen zusammenkommen. Aber am Donnerstagnachmittag im Seminarraum West des Salzburger Landesspitals herrschte gedämpftes Bedrücktsein vor, als man gemeinsam auf den ersten öffentlichen Auftritt des beim Super-G von Kvitfjell vor knapp zwei Wochen so folgenschwer gestürzten Matthias Lanzinger warten musste.

"Es geht mir gut!"
Nichts war da zu spüren von der sonstigen schrillen Aufgeregtheit - und gänzlich still wurde es, als der 27-jährige Abtenauer knapp nach 15 Uhr im Rollstuhl zum Podium gefahren wurde und zu sprechen begann: "Es geht mir gut, weil ich weiß, dass alles zur Rettung meines Beines getan wurde. Aber die Regie wurde von woanders geführt. Ich muss mit meiner Behinderung leben können." 

Nur etwas mehr als eine Woche nach der Amputation seines linken Unterschenkels und seiner Überstellung in die Heimat fand die "riesige Kämpfernatur" (Trainer Jürgen Kriechbaum) schon die Kraft, über sein Schicksal zu sprechen. "Ich bin froh, dankbar, dass ich heute genau so wie ich da sitze, da sitzen darf, und ich habe mein Schicksal so angenommen, werde es in die Hände nehmen, werde es bewältigen. Zusammen mit meiner Freundin Eva werden wir das ganz sich machen", sagte Lanzinger im Rahmen der Pressekonferenz.

Freundin Eva ist es auch, die für Lanzinger auf seiner Dankesliste ganz oben steht. "Der Giger Toni hat zu mir gesagt: So eine Frau darfst nie wieder auslassen. Aber das habe ich schon vorher gewusst, dafür hätte ich diesen Schicksalsschlag nicht gebraucht", meinte der Salzburger.

"Ich musste immer kämpfen"
Seine mentale Stärke in diesen Tagen begründet Lanzinger folgendermaßen: "Dieser Kampfgeist ist durch den Spitzensport entstanden. Bei mir ist nichts leicht von der Hand gegangen, ich musste immer kämpfen. Das kommt einem in so einer Situation extrem entgegen. Aber ohne Rückhalt durch die engsten Vertrauten wäre das alles nicht möglich."

Auch der Frage über die ersten Stunden und Tage nach seinem Crash in Norwegen wollte sich Lanzinger stellen. "Die Tage und Nächte in Norwegen waren ewig. Besonders die Intensivstation war hart. "Als ich munter geworden bin, habe ich von Anfang an immer bekannte Gesichter gesehen. Sie haben sich rund um die Uhr um mich gekümmert. Das hat mir die Tage in Norwegen enorm erleichtert", so Lanzinger, der über die Erinnerung an den Unfall meinte: "Meine Erinnerung reicht bis zum letzten Tor vor dem Unfall, dann kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ob ich mir den Sturz einmal anschauen werde, darüber habe ich aber noch nicht nachgedacht."

Bald tageweise nach Hause
Die Hausbau-Pläne mit Lebensgefährtin Eva bleiben natürlich aufrecht, die Gespräche darüber halfen Lanzinger über die Härte der ersten Tage nach der Amputation. Kommende Woche darf er tageweise nach Hause und wird mit der ersten Neuordnung seines Lebens beginnen. Aber fix entlassen wird er aus der Spitalspflege noch nicht. 

Er und seine behandelnden Ärzte wissen, dass die erstaunliche Kraft, die Matthias Lanzinger derzeit ausstrahlt, noch ein zerbrechliches Gebilde ist - und dass jene Phasen, in denen es ihn psychisch wieder zurückwerfen wird, wohl unausweichlich sein werden. Aber im Ärzteteam und vor allem in seiner Lebensgefährtin hat der junge Salzburger Stützen, die ihm bei seinem härtesten "Rennen", dem in ein verändertes Leben, ein verlässlicher Halt sind. Dafür bedankte er sich auch als Erstes.

Mediziner über Lanzingers Entwicklung positiv überrascht
Die Mediziner haben auch positiv überrascht über den Gesundheitszustand von Matthias Lanzinger berichtet. "Physisch hat sich der Patient fast vollständig erholt, und auch der psychische Zustand hat sich hervorragend entwickelt", berichtete Herbert Resch, der behandelnde Arzt des 27-Jährigen, dem am 4. März der linke Unterschenkel amputiert werden musste.

"Er will und wird ein Vorbild sein. Ich kenne ihn schon sehr lange, er wird auch diesen Rückschlag wegstecken", zeigte sich auch Resch über die psychische Verfassung Lanzingers beeindruckt.

In einer Woche soll Reha in Tirol beginnen
Die Blutwerte hätten sich "fast normalisiert", der Stumpf sei "im Abheilen begriffen und völlig entzündungsfrei". Zudem habe man bereits begonnen, mit Silikon erste Stumpfanpassungen vorzunehmen. Lanzinger habe sogar bereits seine Physiotherapie gestartet und erste Kräftigungsübungen für den Oberkörper absolviert. "Außerdem ist er schon mit Krücken unterwegs. Für eine Woche ist das wirklich bemerkenswert", bilanzierte Resch. Lanzinger wird nach Schätzung von Resch noch etwa eine Woche in Salzburg bleiben und dann seine Reha in Bad Häring in Tirol beginnen.

Auch Manfred Stelzig, der behandelnde Psychologe Lanzingers, zog eine positive Zwischenbilanz. "Er hat mir durch seine Art die Arbeit sehr leicht gemacht", meinte Stelzig, der vor der Landung Lanzingers aus Oslo gemeinsam mit ÖSV-Trainer Toni Giger einen "Schlachtplan" im Umgang mit dem Patienten entworfen hatte. "Da steht an erster Stelle der Schutz des Patienten, damit er nicht retraumatisiert wird." Denn Lanzinger wollte von Beginn an einen Fernseher im Zimmer haben und sämtliche Kommentare und Berichte zu seinem Schicksal mitverfolgen.

Auch die TV-Diskussion in "Sport am Sonntag" verfolgte Lanzinger mit. "Wir haben überlegt, ob das gut ist. Aber es war gut, er konnte sich sehr gut damit konfrontieren", so Stelzig.

Von Wolfgang M. Gran, Kronen Zeitung, und krone.at

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(Bild: KMM)



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