Chaos in Idomeni

Flüchtlinge bewusst in den Todesfluss geschickt

Ausland
15.03.2016 11:04

Drei Tote, Verletzte, Hunderte durchnässte und erschöpfte Flüchtlinge - dieses Drama am mazedonischen Grenzfluss bei Idomeni haben die Organisatoren des "Durchbruchversuchs" der Asylwerber offenbar in Kauf genommen. Nach dem Auftauchen Hunderter auf Arabisch verfasster Flugzettel mit exakter Marschroute und Versprechungen (die "Krone" berichtete) haben Nachrichtendienste einen Verdacht: Mit Duldung der griechischen Exekutive hätten Hilfsorganisationen diese Aktion geplant. Unterdessen befördert Mazedonien die Migranten bereits wieder zurück nach Griechenland.

"Die Flüchtlinge wurden bei diesem Marsch in Idomeni bewusst in Lebensgefahr gebracht - und auf der anderen Seite des Flussufers warteten TV-Teams und Journalisten", erfuhr die "Krone" aus österreichischen Polizeikreisen, dass die mazedonische Exekutive beim Fluss auch 30 Journalisten verhaftet hat. Sie wurden nach Zahlung von 250 Euro Bußgeld wieder auf freien Fuß gesetzt.

Jetzt stellen sich einige Fragen: Wer hat diese Aktion, bei der zwei Männer und eine Frau aus Afghanistan in dem eiskalten Fluss ertrunken sind, geplant? Wer hätte daran Interesse, dass besonders dramatische Bilder von Frauen und Kindern, die bis zum Bauch im Wasser stehen, um die Welt gehen? Und wo wurden die auf Arabisch verfassten Flugzettel gedruckt und kopiert? Doch sicher nicht in einem Zweimann-Campingzelt der Flüchtlinge in Idomeni?

(Bild: EPA/NAKE BATEV)
Viele durchquerten den Grenzfluss, nachdem der Landweg geschlossen wurde. (Bild: EPA/NAKE BATEV)
Viele durchquerten den Grenzfluss, nachdem der Landweg geschlossen wurde.
Helfer warteten auf der anderen Flussseite. (Bild: EPA/NAKE BATEV)
Helfer warteten auf der anderen Flussseite.

Verdacht fällt auf Hilfsorganisationen
Der Verdacht der Nachrichtendienstmitarbeiter fällt auf Hilfsorganisationen, die vor Ort an der griechisch-mazedonischen Grenze im Einsatz sind. Und: Vermutlich sind die Urheber des Durchbruch-Plans und Verfasser der Flugzettel sogar deutsche oder österreichische Helfer - die Zeichnung der Marschroute mit "Kommando Norbert Blüm" sei ein klarer Hinweis darauf. Bei den Griechen ist der frühere deutsche CDU-Arbeitsminister Blüm, der in Idomeni in einem Zelt schläft, eher unbekannt.

Die "Krone" ließ den arabischen Text auf dem in Idomeni verteilten Flugzettel übersetzen:

Die Wahrheit: Die griechisch-mazedonische Grenze in Idomeni bleibt geschlossen. Es gibt keine Busse oder Züge für den Transport nach Deutschland. Wer bleibt, wird in die Türkei gebracht. Wer ungesetzlich nach Europa weitergeht, kann dann in Deutschland bleiben. Das Lager in Idomeni kann in den nächsten Tagen geschlossen werden - und ihr werdet gezwungen, in die Türkei zu emigrieren.

Und es gibt konkrete Anleitungen für den Durchbruch:

1. Wer seinen Weg ungesetzlich nach Europa geht, sieht einen doppelten Zaun - er soll euch täuschen, dass die Grenze geschlossen ist. Aber nach fünf Kilometern gibt es keinen Zaun, sondern offene Wege nach Mazedonien.

2. Es kann sein, dass euch die Armee oder Polizei zwingt, nach Griechenland zurückzukehren.

3. Wenn ihr euch auf gewissen Punkten zu Tausenden sammelt, kann euch niemand zwingen, zurückzugehen.

4. Treffen wir uns am Montag um 14 Uhr, dann kann weder Militär noch Polizei euch stoppen.

Am unteren Ende der Kartenskizze von der Umgebung Idomenis ist noch zu lesen: Die Infos vernichten, damit sie nicht in die Hände von Armee, Polizei oder Journalisten fallen. Gezeichnet: Kommando Norbert Blüm

Mazedonien schiebt Migranten zurück
Mazedonien hat bereits in den Nachtstunden damit begonnen, Hunderte der am Vortag angekommenen Flüchtlinge in Lkws wieder zurück nach Griechenland zu befördern. Laut Polizei sei die Prozedur friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk und das Rote Kreuz seien vor Ort gewesen und hätten die Migranten mit Essen, Wasser, Decken und Kleidung versorgt.

Der griechische Vizeverteidigungsminister Dimitris Vitsas teilte am Dienstagvormittag jedoch mit, die Regierung in Athen könne zunächst weder bestätigen noch dementieren, dass sich die rund 700 betroffenen Migranten wieder auf griechischem Boden befinden.

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