Hamas feuert wieder
Gaza: 150 Leichen aus den Trümmern geborgen
Dank der zwischen Israel und der Hamas vereinbarten humanitären Feuerpause konnten Rettungskräfte im Gazastreifen erstmals in Gebiete vordringen, die zuvor wegen des heftigen Beschusses durch die israelische Armee tagelang unzugänglich waren. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung: Ganze Wohnblocks waren dem Erdboden gleichgemacht, manche Palästinenser verglichen das Ausmaß der Verwüstungen mit einem "Erdbeben der Stärke 10".
Seit Beginn der israelischen Offensive vor rund drei Wochen kamen nach neuesten Angaben der palästinensischen Rettungskräfte mehr als 1.000 Palästinenser ums Leben, darunter viele Kinder. Auf israelischer Seite starben 37 Soldaten und drei Zivilisten.
Viele Palästinenser nutzten die Feuerpause, um nach ihren Häusern oder Wohnungen zu sehen und sich mit Lebensmitteln zu versorgen. In der Nähe von Khan Yunis im Süden des Küstenstreifens, wo den Palästinensern zufolge noch kurz vor der Feuerpause 20 Menschen durch einen israelischen Luftangriff getötet wurden, fanden verzweifelte Bewohner ihre Wohnungen in Trümmern.
Außenminister appellieren in Paris an beide Seiten
Bei einer Konferenz in Paris riefen die Außenminister der USA, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Katars und der Türkei am Samstag eindringlich zur Verlängerung der Waffenruhe auf und machten gemeinsam deutlich, "dass das Sterben beendet werden muss", wie der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte. "Wir rufen alle Parteien auf, die humanitäre Waffenruhe um zunächst 24 Stunden zu verlängern", sagte Gastgeber Laurent Fabius nach dem Treffen. Es müsse "so schnell wie möglich" ein dauerhafter Waffenstillstand erreicht werden.
Steinmeier äußerte die Ansicht, dass "dieser dritte Gaza-Krieg mit noch größerer Härte geführt wird als die beiden vorangehenden 2008 und 2012". Die israelische Seite lebe jede Nacht "in Angst und Schrecken" wegen der Raketenangriffe der Hamas. Beide Seiten sollten "zumindest" zu einer Verlängerung der humanitären Waffenpause bereit sein. Die Zeit könne dann genutzt werden, um die Voraussetzungen für Verhandlungen über einen "dauerhaften Waffenstillstand" zu klären, so Steinmeier. Nachhaltig könne ein solcher aber nur sein, wenn der Gazastreifen "nicht mehr das Waffenlager für die Hamas" sei und es für die Bevölkerung eine wirtschaftliche Perspektive gebe.
Raketen unmittelbar nach Waffenpause abgefeuert
Die vereinbarte zwölfstündige Feuerpause lief am Abend um 20.00 Uhr Ortszeit (19.00 Uhr MESZ) aus. Israel hatte sich kurz vor Ablauf dieser Frist zu einer vierstündigen Verlängerung bis Mitternacht bereit erklärt und dehnte diese am späten Samstagabend auf weitere 24 Stunden aus. Damit sei einer Bitte der Vereinten Nationen entsprochen worden, sagte ein israelischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Die Frist gilt demnach bis Mitternacht in der Nacht zum Montag (Ortszeit). Die "Einsätze gegen die Tunnel" der Hamas würden hingegen fortgeführt, sagte der Regierungsvertreter.
"Eine humanitäre Waffenruhe ist ungültig ohne den Abzug israelischer Panzer aus dem Gazastreifen und ohne dass Anwohner in ihre Häuser zurückkehren können", erklärte Hamas-Sprecher Fawsi Barhum am späten Samstagabend. Auch müssten Rettungswagen ungehindert durch die zerstörten Straßenzüge des Küstengebiets fahren können, um Leichen abzutransportieren.
Unmittelbar nach dem Ende der zwölfstündigen Waffenruhe hatte die Hamas wieder Raketen auf Israel abgefeuert. Wenig später veröffentlichten die Essedin-el-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, insgesamt drei Erklärungen. Ihnen zufolge wurden zwei Raketen auf Tel Aviv im Zentrum Israels abgefeuert sowie jeweils fünf Raketen auf zwei Orte im Süden des Landes. Die israelische Armee bestätigte Beschuss mit Mörsergranaten und auch Raketen, zwei Raketen seien bei Ashkelon abgefangen worden.
Israel lehnt US-Plan für längeren Waffenstillstand ab
Hoffnungen auf eine mehrtägige Feuerpause hatten sich bereits am Freitagabend zerschlagen. Das israelische Sicherheitskabinett unter Regierungschef Benjamin Netanyahu lehnte einen entsprechenden Vorschlag von US-Außenminister John Kerry ab. Bei Protesten gegen Israel wurden am Samstagmorgen im Westjordanland zwei palästinensische Jugendliche von israelischen Soldaten erschossen.
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