Das freie Wort

Europäisch denken

Der französische Präsident Macron hat kürzlich in Deutschland eine Auszeichnung bekommen. In seiner Rede hat er Deutschland aufgefordert, seinen Exportüberschuss zu reduzieren, weil dies zulasten der anderen Staaten gehe. Leute, die sich mit der Materie nicht beschäftigen, fragen, was denn so schlecht ist an der Tüchtigkeit der Deutschen. Seien wir doch froh, wenn es innerhalb der EU einen Staat gibt, der in der Lage ist, im Staatshaushalt ein Nulldefizit zu erwirtschaften. Das Problem liegt im Finanzsystem und da wiederum im Euro, mit dem derzeit die meisten EU-Mitglieder zahlen. Es gibt nur eine Institution, die Geld drucken und in den Umlauf bringen darf, die Notenbank, in unserem Fall die EZB. Wenn sich ein Staat Geld leiht, dann zahlt er dafür Zinsen, die aber sind Geld, das die Notenbank nicht gedruckt hat, und so ist es unmöglich, die Schulden jemals zurückzuzahlen. Daher ist, technisch gesehen, ein Nulldefizit nicht möglich. Deutschland als Exportland umgeht das Problem, es bekommt für seine Exporte Geld, das die Notenbank (EZB) in einem anderen Staat ausgegeben hat, und dieser andere Staat zahlt für dieses Geld die Zinsen. Wenn nun Deutschland auf diese Weise seinen Haushalt saniert, dann schlittern andere Staaten im Gegenzug schneller in die Krise. Vor der Einführung des Euro konnten Staaten, wenn sie international nicht mehr konkurrenzfähig waren, ihre Währung abwerten, ein Beispiel war Italien. Sehr gewundert habe ich mich auch, dass Griechenland ebenfalls den Euro einführen durfte. Frag nach bei Brigitte Ederer (Ederer-Tausender!), sie hat im Rahmen der Fernsehdiskussionen gesagt, Griechenland sei der größte Nettoempfänger, und Österreich werde einer der größten Nettozahler werden. Wie also konnte man bei der Einführung des Euro annehmen, Griechenland würde die Bedingungen für die Währungsunion erfüllen? Es wurde in den Diskussionen für den EU-Beitritt auch gesagt, mit der EU würde ein großer Wirtschaftsraum entstehen, und wir würden die von uns benötigten Produkte in unserem Bereich herstellen. – Und wo war unser Bundespräsident kürzlich? In China! Außerdem gibt es große Probleme mit den angedrohten Strafzöllen der USA. Wenn nun etwa die Mitglieder der Wirtschaftskammer die EU in den höchsten Tönen lobpreisen, dann geht es nicht um die angebliche Wertegemeinschaft, es geht um den Profit, den eigenen. Natürlich ist es unser Vorteil, wenn wir Exportland sind. Aber profitieren wirklich alle? – Den Arbeitnehmern sagt man, sie müssen um weniger Geld arbeiten, wenn jedoch in wenigen Jahren unsere Abnehmerstaaten in die Pleite schlittern, dann haben die Fleißigen und die Tüchtigen umsonst billig gearbeitet. Ich glaube, das Ungleichgewicht zwischen Export- und Importstaaten wird auf Dauer zu Unfrieden führen. Unsere Wirtschaftstreibenden denken nicht europäisch, nicht einmal national, es geht ihnen ausschließlich um den eigenen Profit.

Erwin Wohlfahrter, Neumarkt in der Steiermark

Erschienen am Fr, 18.5.2018

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