Das freie Wort

Mit Kanonen auf Spatzen schießen

Die Redewendung „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ steht dafür, einen viel zu großen Aufwand für eine Sache zu betreiben. Und ein besseres Beispiel, übertriebenen Aufwand zu betreiben wie Montag am Wiener Ring, gibt es wohl weltweit nicht. Da klettert ein junger, völlig unbewaffneter Mann auf einen acht Meter hohen Container vor dem Parlament, um darauf hinzuweisen, dass er sich in Österreich unterdrückt fühlt. Dies hatte zur Folge, dass die Wiener Ringstraße stundenlang gesperrt wurde, der Verkehr in diesen Gebiet wurde lahmgelegt. Ein Großaufgebot der Polizei rückte an, um mit diesem Mann, der drohte, Selbstmord zu begehen, zu verhandeln. Was soll man dazu sagen, da schreit der gesunde Hausverstand laut auf. Die Besatzung einer Funkstreife hätte völlig genügt, um diesen offensichtlich psychisch kranken Mann in Schach zu halten. Das passt dazu, dass jedes Mal ein Straßenzug oder eine U-Bahn-Station gesperrt wird, wenn eine Tasche ohne Besitzer gesichtet wird. Dabei ist unsere Gesellschaft so unglaublich frei und aufgeklärt, man sieht es. Dazu passt auch, dass es am 31. August eine große Kebab-Party geben wird, um gegen das Essverbot in der U6 zu protestieren. Die Stadt reagiert darauf mit der Verteilung von 14.000 „Cooling-Paketen“, damit sich die Fahrgäste mit Deos besprühen können. Es ist doch toll, in einer Zeit zu leben, wo derartige „Probleme“ hochstilisiert werden. Die Macher der TV-Sendung „Verstehen Sie Spaß“ könnten noch viel lernen in Wien, obwohl so manchen das Lachen ob dieser „Narreteien“ sehr schwerfallen dürfte.

Peter Blaschek, Wien

Erschienen am Mi, 18.7.2018

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