Das freie Wort

Beleidigung von Frau Maurer

Ein wenig verwundert verfolge ich die Diskussion über die Beleidigung von Frau Maurer und anderer Politikerinnen, wobei dies ja leider nicht nur Damen des öffentlichen Lebens trifft, sondern auch viele Private, die deshalb nicht zu solch einer öffentlichen Diskussion führten. Nur: Eine Gesetzeslücke gibt es nicht, denn selbst Beleidigungen in verschlossenen Briefen sind selbstredend immer strafbar gewesen, allerdings vor den Verwaltungsbehörden, das Gericht ist dazu absolut unzuständig. Das Problem ist nicht eine Gesetzeslücke, sondern die Ausfindigmachung des wahren Täters, denn in Rechtsstaaten gibt es nur ein Täterstrafrecht. Im vorliegenden Fall hat sich die Beleidigte statt an die Behörden an die Öffentlichkeit gewendet, den (vermuteten?) Täter selbst bezeichnet, und im Rahmen freier Beweiswürdigung hat das Gericht einen anderen Täter nicht ausschließen können. Keine andere Situation, als wenn ein Bestohlener öffentlich den vermuteten, aber nicht überführten Dieb bezichtigt. Gefahrloser wäre es gewesen, hätte die Dame gewartet, bis die Behörde über ihre Anzeige den Täter ausfindig gemacht und bestraft hätte und dann an die Medien gegangen wäre. Ob da eine Umkehrung der Beweislast nützt, ist fraglich: Denn für den Internetinhaber wird sich schon ein Entlastungszeuge finden, wenn das Gerät öffentlich zugänglich ist. Man müsste den Inhaber des Anschlusses für alle von dort ausgehenden Mails haftbar machen, was Internetcafés und öffentliche Zugänge in Hotels schlagartig beenden würde. Besser wäre es, auf die Nachforschungen der Behörden im Einzelfall zu warten.

Prof. Mag. Dr. Heinz Tettinek, Richter i.R., Wien

Erschienen am Di, 23.10.2018

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