Das freie Wort

Krisen überfordern Politik

Aktuelle Situationen zeigen, dass politisch Verantwortliche Krisen völlig falsch einschätzen und nicht mit dem schlimmsten Szenario rechnen. Die Hochwasserkatastrophe in Deutschland zeigt, wie verheerend sich Fehleinschätzung und Versäumnisse auswirken. Dort warteten die verantwortlichen Politiker viel zu lange mit der Warnung der Bevölkerung, die dramatischen Folgen sind bekannt. Afghanistan ist ein weiteres Beispiel, wie realitätsfern und oberflächlich die Politik die Entwicklung nach Abzug der multinationalen Streitkräfte einschätzte. Trotz Information durch Geheimdienste, militärische Aufklärungskräfte und besorgten Meldungen der vor Ort tätigen Menschen, dass sich eine schnelle Machtübernahme abzeichne, wollte das niemand glauben und vorausschauend reagieren. Die Politik ist gut im Verwalten und Routinebetrieb des Staates, doch für Krisenbewältigung fehlt sowohl Erfahrung als auch Bereitschaft, sich das notwendige Know-how von erfahrenen Krisenmanagern und Einsatzkräften zu holen. Es gibt in allen Einsatzorganisationen höchst qualifizierte Profis, die sich ständig mit Krisenszenarien und deren Bewältigung beschäftigen und die notwendigen Krisenpläne dafür haben. Diese Krisenkräfte orientieren sich nicht so wie Politiker an Wunschdenken, sondern an der schlimmsten denkbaren Situation und richten ihre Krisenpläne danach aus. Die möglichen Szenarien werden dann sowohl auf dem grünen Tisch als auch in der Praxis durchgespielt, wodurch die Einsatzkräfte bestens für den Einsatzfall in allen Ausprägungen vorbereitet sind. Die Politik wäre gut beraten, sich dieser Fähigkeiten und Erfahrungen zu bedienen und ihr Krisenmanagement zu überdenken. Die aktuellen Krisen zeigen, dass hier dringender Lernbedarf besteht.

Franz Peer, Linz

Erschienen am Mo, 23.8.2021

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